Rezension

Ein etwas anderer Krimi, mit interessanten Charakteren, geschichtlichem und künstlerischem Bezug zur deutschen Geschichte.

Der Turm der blauen Pferde - Bernhard Jaumann

Der Turm der blauen Pferde
von Bernhard Jaumann

Bewertet mit 3.5 Sternen

Mal ein etwas anderer Krimi bietet Bernhard Jaumann uns mit seinem Start einer neuen Reihe, und zwar im Bereich Kunstgeschichte. „Der Turm der blauen Pferde“ von Franz Marc einst gemalt, ist der Star in diesem ersten Band, nach dem die Mitarbeiter der Kunstdetektei von Schleewitz fahnden. Dabei wäre es für das Verständnis mancher Beschreibungen wichtig, sich das Bild herunterzuladen oder eine Postkarte oder ähnliches griffbereit zu haben.
Es geht natürlich auch hier nicht ohne Blutvergießen. Der Schreibstil vom Autor allerdings ist ein ruhiger und nicht immer nach mehr Opfern in skurriler Umgebung oder Taten, die, ob ihrer Grausamkeit, immer überdrehter wirken. Die Protagonisten sind überschaubar.
Da ist zunächst der Chef, Rupert von Schleewitz, Freund der Frauen, schneller Autos und gut vernetzt. Eigentlich hatte er sich in höheren Sphären nach seinen Studien gewähnt, aber auch so kommt er genug in der Welt der Kunst herum. Nur in diesem Fall will es einfach nicht zu interessanten Schauplätzen sondern in kleine Dörfer ohne Zukunft. So verfällt er auch auf eine junge Frau, die nur raus will, aus ihrem Kuhdorf mit Schankwirtschaft. Aber ist sie wirklich das, was sie vorgibt zu sein? Nur interessiert an seiner Story, auf der Jagd nach einem lange verschollenen Kunstwerk?
Als nächstes ist da Klara Ivanovic, die mit ihren Eltern ein denkbares Los gezogen hat. Der Vater, ein an Parkinson erkrankter Künstler, betreut von einer guten Seele aus dem Osten. Schon lange leben er und die Mutter von Klara getrennt, die weit weg an einen Platz an der Sonne geflüchtet ist. Klara hat alles Wissen über Kunst von ihrem Vater von der Pike auf gelernt, ein Studium schloss die Lücken. Sehr gut gefallen hat mir bei dieser Figur ihre Schlagfertigkeit Männern gegenüber, die sie sich vom Leibe halten will. Ihr Chef glaubt daher, dass sie viel zu kühl und zu trocken für diese Welt ist.
Mädchen für alles, mit Frau und zwei heranwachsenden Töchtern im Hintergrund, ist Max Müller. Seine Kollegen haben einfach keinen Sinn für seine familiären Probleme, weshalb er oftmals schummelt, weil er nicht will, dass Klara oder Rupert seinen jeweiligen Aufenthaltsort kennen. Auch sonst hält er sich mit den Ergebnissen seiner Recherchen zurück, weil er sich nicht gerade gut verstanden fühlt von den Beiden. Für die Leserschaft hingegen ist gerade das absolut spannend.
Es ist eine Reise durch die Geschichte Deutschlands, angefangen von den Kunstwerken von Franz Mark und seinen Freunden, über beide Weltkriege, die Sammelleidenschaft des Naziregimes, auch, was die sogenannte entartete Kunst angeht. Es geht, wie so oft, um Neid und nicht verstandene Sichtweisen. Um Eigenheiten von Menschen, denen nicht nur Geld wichtig ist, sondern das, was uns manchmal Kunst sagen will, was es uns bedeutet. Über Generationssprünge bei besonderen Veranlagungen. Und um einen jungen Mann, dem es bereits zum Ende des Zweiten Weltkrieges gelingt, seine Umgebung zu täuschen. Auf eine Art und Weise, wie sie die Leserschaft nicht vermutet.
Und natürlich geht es um den Turm der blauen Pferde. Sie zu besitzen, sein Eigentum zu nennen, sie aufzufinden, um sie einem Museum zu stiften. Und das ist das Ansinnen eines Mäzens. Oder einem, der glaubt einer werden zu wollen. Und der glaubt, das Bild gefunden und erstanden zu haben. Der die Detektei von Schleewitz beauftragt, herauszufinden, wo sich das Bild die ganze Zeit aufgehalten hat, denn seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges war es nur wenige Male gesichtet worden. Und damit eine Geschichte entstehen lässt, von der keiner ahnt, wohin die Reise geht. Vor allem nicht ausgerechnet in Dörfer, die angeblich keine Zukunft haben.
Eine interessante Reise durch die Geschichte und in die Abgründe der Menschen. Auch das macht uns aus. Lesenswerter Kriminalroman bei dem manch loses Ende auf eine Fortsetzung im nächsten Band warten muss. Nehme ich mal an.

Bernhard Jaumann ist bereits ein Preisgekrönter Autor, kein Neuling in seinem Metier. Mehr über ihn und seine Bücher findet man zum Beispiel unter https://www.bernhard-jaumann.de/