Rezension

Ein gelungener Krimi aus Stuttgart

Leonhardsviertel - Thilo Scheurer

Leonhardsviertel
von Thilo Scheurer

Der Einstieg in diesen Krimi erfolgt durch einen fesselnden Prolog, der den Lesern die Ereignisse der Vergangenheit näher bringt, nämlich den Mord an Anselm Friedmann, einem Bankierssohn.

Zwanzig Jahre später zieht der Newcomer im Team des T.O.M., Sebastian Franck, Franck mit „ck“, die alte verstaubte Akte aus dem Regal.

Leiterin des neu gegründeten Dezernates, T.O.M. ist die Abkürzung für „Tote ohne Mörder“, also das Pendant zu „Cold Cases“, ist Marga Kronthaler, eine gestandene Fünfzigerin, Kette rauchend und strafversetzt. Ihr stehen mehrere interessante Charaktere zur Seite: zum einem der als Quotentürke beschriebene Cem Akay und zum anderen Franziska „Franzi“ Hegel.

Marga und Sebastian sind so verschieden wie Tag und Nacht. Sie fährt einen alten Campingbus und er, der Sohn aus reichem Hause, einen Mercedes Roadster SL. Sebastian ist mit Kunst- und Hausverstand ausgestattet, hat jedoch eine Bakterienphobie und einem ausgeprägten Hang zu Besserwisserei. Sein Interesse an allem was teuer ist und vier Räder hat, bringt die Ermittler nun auf die Spur des  mysteriösen Mordes.

Was oder wer steckt wirklich hinter dem ungeklärten Fall?

Erzählstil und Spannung:

Geschickt verwebt Autor Thilo Scheuer verschiedene Handlungsstränge. Kaum sieht sich der Leser auf einer Erfolg versprechenden Fährte, wird ein Haken geschlagen und die Spur erkaltet.

Der Krimi liest sich flott und flüssig. Die vielen Wortspielereien bringen eine humoristische Note in den Alltag der Ermittler. Wegen des Schauplatzes Stuttgart, darf auch in Schwäbischem Dialekt gesprochen werden (da hätte ich mir mehr gewünscht). Köstlich, die pingeligen Verbesserungen Sebastian an Margas Sprichwörtern.

Charaktere:

Herrlich die Beschreibung und Charakterzüge von Marga Kronthaler. Ich mag sie einfach. Ein Mensch wie du und ich, mit Fehlern, Ecken und Kanten. Super, wie sie den Psychologen mehr oder weniger austrickst.

Der Rucksack an Problemen, den sie mit sich herumschleppt ist ja nicht ohne: geschieden, alleinerziehende Mutter eines Sohnes, der in krumme Geschäfte verwickelt ist, ständig in Geldnöten und das Diszi. Kein Honiglecken!

Doch auch Besserwisser Sebastian Franck (mit ck) hat schwer an seiner Vergangenheit zu tragen. Gibt er sich doch die Schuld am Tod seines Bruders. Aus Hannover nach Stuttgart „geflüchtet“, muss er sich erst an den Stil von Marga und seinen anderen Teamkollegen Franzi und Cem gewöhnen. Als Newcomer schreckt er auch vor unkonventioneller Beschaffung von Beweismitteln nicht zurück, was ihm Achtung von Marga einbringt.

Franziska „Franzi“ Hegel ist eine junge Frau, die durch ihre liebenswerte Art schnell die Herzen der Leser gewinnt. Gepierct, mit schrägem Outfit ist sie ebenso wie Marga ein krasser Gegensatz zum Krawatte tragenden Sebastian. Die Fahrt mit Franzis pinkem Auto wird Franck (mit ck) vermutlich lange im Gedächtnis bleiben.

Cem Aky, der Quotentürke, erscheint noch ein wenig blass, doch könnte der passionierte Elvis-Fan in einer Fortsetzung eine größere Rolle spielen. Potential dazu hätte er.

Fazit:

Ein durchaus anspruchsvoller Krimi, der sich mit einem Nebenthema in der Krimilandschaft befasst: mit den Toten ohne Mörder, als T.O.M..

Der Cliffhänger auf der letzten Seite lässt auf eine spannende Fortsetzung schließen. Ja, bitte, unbedingt.