Rezension

Ein hartes Schicksal

Weil ich an uns glaubte -

Weil ich an uns glaubte
von Heike Fröhling

Bewertet mit 4 Sternen

„...Gerade jetzt taucht Marlies auf. Was soll das denn nach all den Jahren? Wer, meint sie, interessiert sich für sie? Sie hat nie in unser Leben gehört und wird es auch niemals...“

 

Zufällig hört die 29jährige Lena dieses Telefongespräch ihrer Mutter. Der Name Marlies sagt ihr was. So hieß ihre tote Großmutter. Doch dann stellt sich heraus, dass genau diese Großmutter lebt. Lena nimmt Kontakt zu ihr auf und Marlies erzählt ihr eine Geschichte aus der Vergangenheit.

Die Autorin hat einen bewegenden Roman geschrieben. Er spielt auf zwei Ebenen. Zum einen darf ich Lena im Heute und Hier begleiten, zum anderen gewährt mir Marlies einen Blick in die Vergangenheit.

Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Er passt sich den Gegebenheiten an. Die Treffpunkte von Lena mit ihrer Oma werden sehr stimmungsvoll beschrieben.

 

„...Weiße Schäfchenwolken standen am blauen Himmel. Das Blätterdach hielt die Sonne ab wie ein Schirm. Sie hörten beide auf das gleichmäßige rhythmische Plätschern des Wassers und den Gesang der Vögel...“

 

Mit Lena habe ich so meine Probleme. Sie hat ihren Weg im Leben noch nicht gefunden. Zwar hat sie eine Ausbildung als Erzieherin, doch sie träumt von einer Zukunft als Illustratorin. Gut, mancher orientiert sich neu. Dass sie es aber fünf Jahre lang nicht geschafft hat, ihrem Freund klarzumachen, dass sie ihn nicht heiraten will und ihm das in dem Moment ungeschminkt zu verstehen gibt, als er sich mit ihr im Kreise der Familie verloben will, finde ich nicht die feine Art.

Die Erzählung von Marlies ist eingebettet in die Probleme ihre Zeit. Vom ersten Schultag im Jahre 1946 an entwickelt sich eine Freundschaft zwischen ihr und Günther. Dann aber stellt das Schicksal die Weichen anders. Günthers Eltern verlassen die DDR, als Marianne, so nennt Marlies ihre Protagonistin, 16 Jahre ist. Trotzdem hoffen beide, dass es für sie eine Zukunft gibt.

Die Zeitverhältnisse werden sehr realistisch wiedergegeben. Dabei wird deutlich, dass man in den Familien auch nicht immer einer Meinung war. So wirft Günther seinem Vater vor:

 

„...Was war so schwer daran, in manchen Situationen einfach den Mund zu halten?...“

 

Für Marianne bedeutet die Ausreise von Günthers Eltern nicht nur die Trennung vom Freund. In seiner Familie erhielt sie Halt und Kraft, die sie zu Hause vermisste. Ihre Eltern interessieren sich nicht für die Wünsche der Töchter. Sie haben zu spuren. Ihre Zukunft liegt im Geschäft der Eltern und sonst nirgendwo. Das muss Marianne bitter erfahren,cals sie sich selbst um eine Lehrstelle kümmert. Der Vater verweigert die Unterschrift.

Bewegend finde ich Günthers Abschiedsbrief.

 

„...Ich hätte Dir gern erklärt, das es nicht meine Entscheidung war, wegzugehen, dass mir keine Wahl bleibt,dass ich mit Ella und Richard mitgehen muss...“

 

Über Mariannes weiteres Leben möchte ich hier nichts schreiben. Von Günther erfährt man nicht viel. Allerdings wird an den wenigen Stellen, wo er zu Wort kommt, klar, dass er die Hoffnung lange nicht aufgegeben hat. Der Briefverkehr zwischen beiden schläft ein. Warum, wird nicht genauer ausgeführt. Mag sein, dass die Stasi einen Teil der Briefe zurückgehalten hat. Genauso gut traue ich das aber auch Mariannes Eltern zu. Die Freundschaft mit Günther war denen von Anfang an ein Dorn im Auge.

Nach der Wende macht Günther sich auf Mariannes Spuren.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt am konkreten Beispiel, wie die politische Verhältnisse persönliche Schicksale geprägt haben.