Rezension

„Realität ist das, was nicht verschwindet, wenn man aufhört, daran zu glauben.“ (Philip K. Dick)

Weil ich an uns glaubte -

Weil ich an uns glaubte
von Heike Fröhling

Bewertet mit 4 Sternen

2020. Am Geburtstagsabend ihrer Mutter Susanne belauscht Lena unfreiwillig ein lautstarkes Telefonat, bei dem der Name Marlies fällt, der Name ihrer totgeglaubten Großmutter. Lena ist erschüttert darüber, all die Jahre belogen worden zu sein und will Marlies unbedingt so schnell wie möglich kennenlernen. Schon bald nach der ersten Kontaktaufnahme spürt Lena ein enges Band zu Marlies, die ihr nach und nach aus ihrer Vergangenheit erzählt…
1946. Günther und Marianne wachsen in der ehemaligen DDR beide als Außenseiter auf, die sich gesucht und gefunden haben und die die erste große Liebe miteinander verbindet. Doch eines Tages ist der 16-jährige Günther nebst seiner Familie spurlos verschwunden, nur ein Brief ist Marianne geblieben, in der ihr Günther verspricht, sie nicht zu vergessen. Während Günther versucht, sich im Westen zurechtzufinden, spukt ihm Marianne weiterhin im Kopf herum, er will sie auf keinen Fall aufgeben. Ob sich Günther und Marianne wohl jemals wieder in die Augen sehen werden?

Heike Fröhling hat mit „Weil ich an uns glaubte“ einen unterhaltsamen und anrührenden Roman vorgelegt, mit dem sie ihre historisch angehauchte Familiensaga „Zeit der Schattenfrauen einleitet. Mit flüssigem, farbenfrohem und gefühlvollem Erzählstil lädt die Autorin den Leser ein, sich mit den Protagonisten mal in der Gegenwart, aber vor allem in der Vergangenheit zu bewegen und schicksalhafte Ereignisse einer Familiengeschichte mitzuerleben. Wechselnde Zeitebenen und die Sichtweisen mal von Lena, mal von Marlies lassen den Leser in ihre Gedanken- und Gefühlswelt eintauchen und sie näher kennenzulernen. Während sie ihre Handlung an den Leser bringt, verwebt die Autorin den historischen Hintergrund geschickt mit ihrer Geschichte. Neben alten Geheimnissen, neuen Problemen sowie wichtigen Entscheidungen erfährt der Leser einiges über das Leben in der ehemaligen DDR und wie das damalige Regime ihre Bürger malträtiert hat bis hin zur Zerstörung von Existenzen. Fröhling schafft es mit viel Empathie, den Leser sowohl mit den Protagonisten fiebern zu lassen als auch zum Nachdenken anzuregen und ihn während der Geschichte durch eine Achterbahn der Gefühle zu jagen. Existentielle Fragen, die auch in der Gegenwart die Menschen bewegt, begleiten den Leser während der gesamten Lektüre und regen zum Reflektieren an.

Die Charaktere sind liebevoll und lebendig in Szene gesetzt. Mit ihren menschlichen Eigenheiten gewinnen sie schnell das Herz des Lesers, der ihnen wie ein Schatten folgt, um bloß nichts zu verpassen. Lena ist eine freundliche, offene und ehrliche Frau, die momentan in einer Sinnkrise steckt und sich bei vielem hinterfragt. Ihre Neugier und Hartnäckigkeit führt sie zu Oma Marlies, die keine leichte Kindheit und Jugend hatte, wurden diese doch durch die harte Führung des Vaters und einer devoten Mutter geprägt. Sowohl Marianne als auch Günther schleichen sich schnell ins Leserherz, denn ihre Treue und ihre Sehnsüchte übertragen sich schnell, lassen den Leser mitfiebern und hoffen, dass die beiden sich am Ende doch noch wiedersehen werden.

„Weil ich an uns glaubte“ ist eine voller Gefühl und Spannung aufgeladene Geschichte, die nicht nur von Anfang bis Ende packend unterhält, sondern den Leser regelrecht in die Handlung hineinsaugt. Verdiente Leseempfehlung verbunden mit der Hoffnung, dass auch der Nachfolgeband so fesseln wird.