Rezension

Ein interessanter Roman über Trauerbewältigung und Selbstfindung, aber mit ein paar Längen

Und dann kamst du - Heike Abidi

Und dann kamst du
von Heike Abidi

Bewertet mit 3.5 Sternen

Claires Leben ist ein Scherbenhaufen. Vor ein paar Wochen starb ihr Zwillingsbruder Colin und seit dem kommt sie nicht mehr klar. Sie fühlt sich wie betäubt, ankerlos. Sie weiß nicht mehr, ob sie überhaupt noch Medizin studieren will, immerhin war das ihr gemeinsamer Plan. Sie liest nicht mehr, geht nicht mehr ins Kino, macht nichts, was sie an Colin erinnert.

Eines Nachts sieht sie im Bus nach Hause einen Mann, der sie an Colin erinnert und das, obwohl er ihm eigentlich gar nicht ähnlich sieht. Er hat seinen Rucksack vergessen, doch Claire schafft es nicht mehr ihm nachzurennen, bevor der Bus anfährt. Seit dem sucht sie nach Sam, wie der Mann heißt, das weiß sie von dem einen Tagebucheintrag, den sie gelesen hat. Aus Gründen, die sie selbst nicht versteht, führt Claire das Tagebuch weiter, dokumentiert ihre Suche nach Sam und wie sie ihr Leben verändert.

 

 

Ich fand die Idee sehr interessant. Eine Frau findet einen Rucksack und sucht den Besitzer nur anhand des Inhalts. Ich fand auch die Umsetzung schön, zum Beispiel, wie man Claire durch ihre Trauer begleitet und auf ihrem Weg zur Selbstfindung. Allerdings hat das Buch zwischendurch auch seine Längen, da muss man dann einfach durch, denn es ist wirklich toll mitzuerleben, wie Claire sich verändert.

 

Über Sam erfährt man nur sehr wenig. Das Buch folgt ausschließlich Claire. Man erfährt, was in seinem Rucksack war, wie Claire sein Äußeres beschreibt, was in seinem Tagebuch stand und die paar Brotkrumen, die Claire auf ihrer Suche begegnen. Dadurch bleibt Sam etwas Abstraktes, fast, wie eine Vorstellung, eine Fantasie. Und gerade wenn man immer denkt: das wird doch nie was! Findet Claire wieder einen Brotkrumen, der sie weiter hoffen und weiter suchen lässt.

 

Claire leidet sehr unter dem Verlust ihres Bruders. Sie hat ihr Leben genau vor sich gesehen, alles war genau durchgeplant und ihr Bruder war bei jedem einzelnen Schritt an ihrer Seite. Mit ihm wollte sie sich ein WG Zimmer teilen, mit ihm wollte sie die Medizin-Vorlesungen besuchen und mit ihm wollte sie die Praxis ihrer Eltern übernehmen. Doch jetzt ist das alles einfach weg. Klar, sie ist für das Studium eingeschrieben und bald geht es damit auch los, aber die Begeisterung, die Sicherheit des Wissens, das zu tun, für das man bestimmt ist, die ist weg. Claire weiß nicht mehr, ob sie überhaupt noch Medizin studieren soll, oder wie sie überhaupt ihr Leben gestalten will, denn ohne Colin fühlt es sich nicht mehr nach ihrem Leben an.

 

Sie tut einem wirklich schrecklich leid. Deswegen finde ich es umso schöner sie dabei zu begleiten, wie sie durch die Suche nach Sam ihr Leben ändert. Es sind kleine Dinge, die aber eine große Wirkung haben. Schon allein, dass sie den Kontakt zu ihren Mitbewohnern sucht, zum Beispiel.

 

Das Buch hat aber auch seine Längen. Da muss man aufpassen bei der Stange zu bleiben. Was mich aber noch mehr gestört hat, war das Ende, das für mich viel zu abrupt kam. Mir ging es da viel zu schnell.

 

 

Fazit: Ich fand das Buch gut, es ist mal etwas ganz anderes. Es ist ein langsames Buch, dass ohne viel Spannung auskommt. Es geht vor allem, um Trauerbewältigung und darum herauszufinden, wer man eigentlich ist und was man sich vom Leben wünscht. Ich fand es interessant Claire dabei zu begleiten, wie sie sich entwickelt hat. Das Buch hat aber auch seine Längen, bei denen es nicht immer ganz leichtfällt, nicht weg zu driften.

Was mich gestört hat, war das abrupte Ende. Das ging mir einfach viel zu schnell, da konnte ich gefühlsmäßig einfach nicht mehr folgen.

 

Ich fand das Buch gut, aber mir persönlich waren es etwas zu viele Längen und das Ende zu abrupt. Von mir gibt es 3,5 Sterne.