Rezension

Ein liebenswerter Schelm

Der König von Albanien -

Der König von Albanien
von Andreas Izquierdo

Bewertet mit 5 Sternen

Die gar unglaubliche Geschichte des Otto Witte, der für fünf Tage den albanischen Thron erobert, gibt Andreas Izquierdo aufs Vergnüglichste wieder. Ja, es hat ihn wirklich gegeben. Schon in jungen Jahren hat er sich Schaustellern angeschlossen. Er war so umtriebig wie schlitzohrig, war des Öfteren knapp bei Kasse, was ihn aber nicht sonderlich beunruhigte, war er doch ein fantasiebegabter (Über)Lebenskünstler.

Ich lese einen Schelmenroman erster Güte und mache Bekanntschaft mit Otto Witte, als er zu Salzburg Insasse im städtischen Irrenhaus war. Staunend lausche ich seinen Abenteuern und nicht nur mich zieht er in seinen Bann, auch seine Mit-Insassen scharen sich um ihn, ebenso der junge Doktorant  Schilchegger, der zunächst vor der Tür, als Zaungast sozusagen, Ottos tollkühner Reise nach Albanien fasziniert folgt.

„Wahnvorstellungen. Der Patient glaubt, König von Albanien zu sein.“  So lautet der Befund von Professor Theodor Meyring, seines Zeichens Leiter dieser Heilanstalt für Gemütskranke. Wobei sein Hauptaugenmerk auf der Erforschung der Gehirne „seiner“ Patienten liegt. Es ist eher eine reine Verwahranstalt, die er mit harter Hand führt.  Als er für einige Zeit nach Wien abberufen wird, übernimmt der junge Doktorant Schilchegger, der ganz anders als Meyring den individuellen Menschen sieht.

Die Frage, wie er denn als „König von Albanien“ nun hier gelandet ist, treibt mich um. Die Albaner wollen einen eigenen Staat, König soll ein Europäer sein, ein Moslem. So kommt Prinz Eddine, der Neffe des Sultans, als möglicher Kandidat für den Thron ins Spiel. Ein Bild von ihm in der Zeitung zeigt die frappierende Ähnlichkeit zu Otto und so reift der Plan, von dessen Ausführung ich so verblüfft wie hingerissen bin. Otto ist mit seinem besten Kumpel Max unterwegs, beide haben sie schon so manches krumme Ding gedreht. Der Weg hin zu Ottos Krönung führt sie zunächst nach Konstantinopel, hier lernen sie die wunderschöne, von allen bewunderte Comtesse Dumas kennen. Nun, Otto will sie umgarnen, dafür braucht er aber Geld, viel Geld und dies streckt ihm wiederum ein guter Freund zu, dessen Vater als sprudelnde Geldquelle fungiert.

Geradezu staunend verfolge ich Ottos wundersamen Weg, ein Schelmenstück sondersgleichen. „Otto wusste, dass Menschen selten das sahen, was sich tatsächlich vor ihren Augen abspielte, sondern meistens das, was sie sehen wollten.“ Diesen Umstand machen sich Otto und Max zunutze, ihr legendärer Coup profitiert von diesem Wissen.  

Andreas Izquierdo ist ein brillanter Erzähler. Nicht nur Otto Witte ist ein fulminanter Geschichtenerzähler, nein. Auch er, der Autor, entführt seine Leser in die schier unglaubliche Welt des Otto Witte, dem kurzzeitigen König von Albanien. Neben dem Hauptakteur gibt es so manch schillernden Charakter, jeder einzelne davon ist behutsam ausgearbeitet und aufs Beste dargeboten – es war mir ein Vergnügen, eure Hoheit näher zu betrachten, sie ein entscheidendes Stück ihres Weges zu begleiten.