Rezension

En Schelmenroman erster Güte

Der König von Albanien -

Der König von Albanien
von Andreas Izquierdo

Bewertet mit 5 Sternen

„...Wahnvorstellungen. Der Patient glaubt, König von Albanien zu sein...“

 

Mit diesen Worten stellt der Doktor Schilchegger seinem Vorgesetzten, Professor Meyring, den neuen Patienten Otto Witte vor. Er war vor einem Tag in die Heilanstalt für Gemütskranke eingeliefert worden.

Der Autor hat einen Schelmenroman allererster Güte geschrieben. Der Schriftstil ist sehr fein ausgearbeitet. Er zeichnet sich durch eine bildhafte Sprache und einen feinen Humor aus.

Die Rahmenhandlung, in der Schilchegger als Ich – Erzähler fungiert, spielt in Salzburg 1913. Ottos Erzählung beginnt in Konstantinopel im Oktober 1912.

Der neue Patient beeindruckt den Arzt. Er behauptet, fünf Sprachen zu beherrschen. Schilchegger bittet Schwester Philomena um Hilfe.

 

„...Im Hinausgehen versicherte sie mir, dass Otto ausgezeichnet Rumänisch sprach und außerdem Fluchworte kannte, die sie nicht zu wiederholen gedachte...“

 

Eines Tages beginnt Otto, dem Arzt seine Geschichte zu erzählen.

Er war mit seinem Freund Max in Konstantinopel unterwegs. Beide hatten mit Arbeit nichts am Hut. Doch momentan waren sie abgebrannt. Otto kamen zwei Dinge zugute. Er verfügte über eine erstaunliche Menschenkenntnis und ungewöhnliche Ideen. Das brachte auch jetzt das nötige Geld.

 

„...Otto wusste, dass Menschen selten das sahen, was sich tatsächlich vor ihren Augen abspielte, sondern meist das, was sie sehen wollten. In dieser Lücke des Lebens bewegten sich Otto und Max...“

 

Außerdem hatte Otto erkannt, dass Kleider Leute machten. Das erworbene Geld wurde in anständige Garderobe investiert. Hinzu kommt, dass die politischen Verhältnisse für Unruhe sorgten. Auf dem Balkan brodelte es. Die Türkei war dabei, wesentliche Teilei der eroberten Länder zu verlieren

Anfangs wirkte Otto wie ein liebenswerter Schelm, der sich gekonnt durch das Leben schlängelte. Seine Eskapaden und Ideen wirkten leicht und locker. Er nahm das Leben als Spiel. Der Einsatz war ihm egal. Seine schnelle Reaktionsfähigkeit half ihn aus schwierign Situationen.

Dann aber wollte er sein Meisterstück vollbringen. In der Zeitung hatte er eine Abbildung des türkischen Prinzen gesehen. Der war ihm erstaunlich ähnlich. Das Land Albanien suchte einen König. Der Prinz aber war dazu nicht bereit. Diese Lücke wollte Otto nutzen. Sein Weg führte ihm mit Max nach Albanien.

 

„...Niemand kann sich vorstellen, dass jemand einen Thron besteigt, der ihm nicht zusteht. Und weil sich das niemand vorstellen kann, glaubt jeder, dass es unmöglich ist. Und darum wird es funktionieren!...“

 

Wieder gelang es Otto, alle Schwierigkeiten zu überwinden. Außerdem war es bisher niemand aufgefallen, dass er weder Lesen noch Schreiben konnte. Doch die Erfolge veränderten ihn. Die Ratschläge seiner Freunde schlug er in den Wind. Er glaubte sich unbesiegbar. Sein Bezug zur Realität schwand. Damit erhöhte sich die Gefahr, dass der Schwindel aufflog.

Es gibt viele kleine Szenen, die den Reiz der Geschichte ausmachen. Gleichzeitig werden wie unter Schlaglicht die Schattenseiten der Zivilisation beleuchtet. Sehr pessimistisch klingt ein deutscher Diplomat:

 

„...Jeden Tag rollte er einen Stein den Berg hinauf, nur damit ihn ein anderer am Ende des Tages wieder herabstieß. Die Menschen waren nicht vernunftbegabt und würden es auch niemals sein...“

 

Zwei Karten in den Umschlagseiten zeigen die Handlungsorte.

Der Roman hat mich prima unterhalten. Der Autor versteht es, eine spannende Handlung mit historischen Fakten zu verknüpfen.