Rezension

Ein neues, außergewöhnliches Ermittlerteam an der sonnigen Algarve

Lost in Fuseta - Gil Ribeiro

Lost in Fuseta
von Gil Ribeiro

Ein vielversprechender und erfrischend anderer Auftakt für eine neue Krimireihe, die hoffentlich so gut weitergeht, wie sie angefangen hat.

"Er ist wie Mister Spock" meinte Joao, um Soraias Bild zu ergänzen.
"Genau. Wir haben einen Vulkanier in Fuseta." (S.97)

Nein, keine Sorge, Sie sind nicht in der Science-Fiction-Abteilung gelandet, sondern in Portugal. ;)

Kurz nachdem Kommissar Leander Lost im Rahmen eines Austauschprogramms an der Algarve angekommen ist, müssen er und seine portugiesischen Kollegen in einem Mordfall ermitteln. Kein leichtes Unterfangen, denn Leander Lost hat ziemlich offensichtlich ein paar Marotten. Erst nach und nach lernen alle Beteiligten sowohl mit seinen sozialen und kommunikativen Defiziten, als auch mit den Begabungen umzugehen. Während das Ermittlertrio den schmutzigen Geschäften eines Wasserversorgers auf die Spur kommt, erlebt Leander Lost das erste Mal, was es heißt, Teil eines Teams zu sein.

Die Geschichte beginnt mit der Ankunft des hamburger Kommissars Leander Lost an der Algarve. Schnell wird klar, dass er einige merkwürdige Angewohnheiten hat, die sofort das Interesse an dieser zunächst schrullig wirkenden Person wecken. Ich hatte zu Beginn des Buches weder gesteigerte Sympathie noch Antipathie für ihn sondern eher eine Faszination für sein bisweilen unerwartetes Verhalten. Wie im wahren Leben, brauchte es eine Zeit des Kennenlernens. Dann aber hat er mein Herz im Sturm erobert und gerne wäre ich bei so manchem Moment dabei gewesen.
Die Nebencharaktere machen es einem hingegen von Beginn an sehr leicht, sie zu mögen. Dazu muss ich sagen, dass ich großer Portugalfan bin und die portugiesische Lebensart liebe. Ich bin daher womöglich nicht ganz objektiv. ;)
Zum einen wären da Graciana Rosado und Carlos Esteves, die beiden portugiesischen Kommissare, die mit Leander Lost arbeiten müssen. Sie repräsentieren typische portugiesische Merkmale. Graciana ist mit ihren 1,62 Metern relativ klein, verhält sich im Straßenverkehr nicht gerade vorschriftsmäßig (wer in Portugal schon mal Auto gefahren ist, weiß wovon ich spreche) und ist ansonsten gastfreundlich, offen, empathisch und pragmatisch. Carlos hingegen ist das fleischgewordene Stereotyp eines Südeuropäers. Modisch gut ausgestattet mit lässigen Strand- oder Surferklamotten, ein Lebemann und Genussmensch, der weder zu einer schönen Frau noch zu einer Zwischenmahlzeit oder Zigarette nein sagen würde. Von Beginn an habe ich mich mit den beiden sehr wohl gefühlt.
Erwähnen möchte ich an dieser Stelle noch Soraia, die Schwester von Graciana. Sie ist Erzieherin und spielt im Hinblick auf Leander Losts Fähigkeiten eine Schlüsselrolle.
Ermittelt wird an der portugiesischen Südküste. Die kleinen Fischerdörfer, die Häuser und Gässchen, Fischrestaurants und Cafés aber auch das Meer werden mit viel Liebe zum Detail beschrieben. Für mich gehören diese Feinheiten einfach dazu. Sie erzeugen die Landschaft, in die ich abtauchen möchte und, gerade bei Portugal, auch ziemlich viel Fernweh.

Gil Ribeiro hat einen fließenden, schnörkellosen Schreibstil. Nur selten "stolpert" man über Fremdworte, meistens portugiesische Ausdrücke, die sofort übersetzt werden oder sich aus dem Zusammenhang erklären.
Dieser Fluss ermöglicht es, mitgenommen zu werden in die Geschehnisse. Es geht nicht um sprachliche Spielereien sondern um die Entwicklung der Handlung und der Charaktere.
Besonders gut gelingt es Ribeiro die Dialoge aufzubauen. Das Buch ist voller kluger und auch humorvoller Gespräche, in die die Leser/-innen eintauchen können, als stünden sie dabei.

Fazit: ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️ 
LOST IN FUSETA konfrontiert uns nicht nur mit Ermittlern einer anderen Kultur und Gegend, sondern auch mit einem besonderen Menschen, der durch seine Begabungen und Defizite, den ganz normalen Ermittlungsalltag aufmischt und einiges durcheinander bringt. Ob und wie die drei Kommissare zurechtkommen und den Fall am Ende lösen, sollten Sie auf jeden Fall selbst herausfinden. Am besten natürlich an der schönen Algarve, aber der Liegestuhl im Garten oder auf dem Balkon tut es selbstverständlich auch.
Ein vielversprechender und erfrischend anderer Auftakt für eine neue Krimireihe, die hoffentlich so gut weitergeht, wie sie angefangen hat.