Rezension

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Ein politisches Agentenstück. Kunst &Co. bleiben unter fernen Liefen

Der Raub - Daniel Silva

Der Raub
von Daniel Silva

Bewertet mit 2 Sternen

Figuren bleiben marionettenhaft, nur Infoebene wird ausgiebig bedient. Wenig Spannung. Fragwürdiges Gedankengut.

Die Leseprobe hat mich fasziniert, die Szenerie klang vielversprechend. Der Protagonist und seine Frau erschienen mir interessant, ja beindruckend. Gabriel Allon, der in einer alten Kirche in Venedig ein Gemälde restauriert und vom General Ferrari vom Kunstdezernat beauftragt wird, einen grausigen Mord am englischen Kunstsammler namens Jack Bradshaw aufzuklären. Von Allons Frau, die als eine wahrhaftige Venezianerin, als „eine von Veronese gemalte Schönheit“ dargestellt wird, wollte ich mehr wissen. Es hörte sich an, dass der Fall sich in der Kunsthändlerszene abspielen und primär mit Kunsthandel, ggf. Gemäldefälschungen und Kunstraub zu tun haben wird.

Leider hat sich der Eindruck spätestens nach dem zweiten Teil verflüchtigt: die Hauptfiguren, wie viele andere in diesem Roman, zu blutlosen Marionetten mutiert und die Handlung hpts. zu Aneinanderreihung von Erzählberichten verkommen.

Anfangs wird von einigen Tricks des illegalen Kunsthandels berichtet, auch mit welcher Sorgfalt und  gegenseitigem Misstrauen der Käufer und Verkäufer agieren, welche Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden, etc. Aber bald stellt sich heraus, dass die Kunstkulisse und die gestohlenen Gemälde lediglich einen Rahmen darstellen. Britische, Israelische und andere Geheimdienste und Agenten treten auf die Bühne und übernehmen die Führung, und schon ist man mitten drin in politischen Abhandlungen, stark vereinfacht dargestellt, mit dazu gehöriger schwarz-weiß Malerei, die die Lage im Nahen Osten, den Krieg in Syrien, die Verbindungen der Herrscher nach Osten, etc. vor Augen der Leser ausbreiten. Dabei ist eine bestimmte Sicht der Dinge, die m.E. spezielle Interessenkreise im Ausland vertreten, ausschlaggebend.

Einiges, wie z.B. die Sicherheitsmaßnahmen einer privaten Bank in Österreich, wie die Auflösung des Falls insgesamt, konnte ich bei meinem besten Willen nicht abnehmen. E.g. David Allon darf im Alleingang über den Verbleib von illegal entwendeten 8 Mlrd. Euro entscheiden. Es klingt zwar nobel, wie er damit umgegangen ist, aber insgesamt unglaubwürdig. Niemand hat auch etwas gegen seine Entscheidung gehabt, die eigenen Ideen und Lösungen angemeldet, wie man den Betrag verwenden könnte. Allon agiert plötzlich nobel und schiebt kurzerhand das Geld hin und her, bis es ihm passt. Bei der Handlung kam der Gedanke auf, wozu bitte all dieser Unsinn außer, um bestimmten Ansichten zur Politik im Nahen Osten, etc. eine breitere Bühne zu verschaffen und diese unters lesende Volk zu bringen.

Als begnadeter Literat hat sich der Autor mit dem Werk nicht geoutet: Insgesamt zu grobschlächtig, hpts. auf informativer Ebene, gearbeitet. Vieles blieb auf dem Niveau der Behauptungen, denen ich kaum Glauben schenken konnte. Dialoge wurden oft zu purer Infoversorgung der Leser missbraucht. Die Figuren konnten auch nicht gerade mitreißen, da wie Marionetten zum o.g. Zweck behandelt, und erzählen einander Dinge, die sie eigentlich schon wissen. Die Spannung hielt sich daher sehr in Grenzen. Auch der Ausdruck ließ hier und dort zu wünschen übrig, gekrönt von abenteuerlicher Zeichensetzung zum Schluss. Im fünften Teil wird es plötzlich rührselig bis peinlich. Aber immer noch unglaubwürdig.

Ich wollte die Geschichte mögen und ggf. noch mehr vom Autor lesen. Leider kam es anders. Spätestens im Teil 3 ist die Faszination zu Enttäuschung umgeschlagen. Es nutzte auch nichts mehr, dass die Handlung im letzten Teil zum gestohlenen Gemälde zurückkehrte.

Sterneabzug für: 1) Den kaum zufriedenstellend erfüllten Vertrag mit dem Leser: eine Geschichte im Kunsthändlermilieu suggeriert, aber einen durch und durch politischen Agentenschinken geliefert. 2) Abwesenheit der politischen Korrektheit und Verbreitung des fragwürdigen Gedankenguts. 3) Handwerkliche Unzulänglichkeit.

Fazit: Ein unglaubwürdiges wie grob gearbeitetes Agentenstück.