Rezension

Ein richtiges Märchen im orientalischen Kleid...

Tausend Nächte aus Sand und Feuer - E. K. Johnston

Tausend Nächte aus Sand und Feuer
von E. K. Johnston

Bewertet mit 4 Sternen

In einem Dorf mitten in der Wüste herrscht große Aufregung, denn der König kommt und sucht sich eine neue Frau aus. Was eigentlich ein Grund zur Freude sein sollte, ist ein Tatbestand des Schreckens, denn jeder weiß, dass es des Mädchens Todesurteil ist. Noch hat keine der über 300 Frauen die ersten Nächte als Königin überlebt und Lo-Melkhiins Suche nicht beendet. Nun hat er sich das Wüstendörfchen ausgesucht und dort leben zwei Schwestern, eine ist so wunderschön, dass sie der Aufmerksamkeit der Männer sicher ist und die andere ist etwas stiller, aber besitzt das Talent der Weitsicht. So kommt es, dass sich die Stillere für ihre Schwester opfert und mit dem König geht. Aber was wird sie dort erwarten? Wird sie in der ersten Nacht sterben? Warum bringt der König seine Frauen um? Und was wird die zurückgelassene Schwester unternehmen?

Momentan herrscht auf dem Büchermarkt ja ein richtiger Boom nach orientalischen Geschichten und zu fast jeder davon steht die Erzählung von Scheherazade Patin dafür. Also ist die Grundgeschichte, junges Mädchen im Palast des Königs und mit der Angst vor dem Tod, immer dieselbe, aber jede Autorin macht was ganz eigenes daraus. So auch Emily Kate Johnston, und diese Geschichte hat mich wirklich sehr überrascht.

Zu allererst kommt die Autorin ohne Namen aus, bis auf den König Lo-Melkhiin, hat keine Figur einen eigenen Namen, so wird unsere Hauptprotagonistin, Schwester, gepriesene Herrin, Stern meiner Himmel und so weiter benannt. Es ist etwas befremdlich, das keine Figur so richtig angesprochen wird, schafft aber dafür eine ganz besondere Stimmung und man hat nie das Gefühl, nicht zu wissen, um wen es sich dreht. Außerdem wird man so auch automatisch in die orientalische Atmosphäre gezogen, denn die Autorin verwendet sonst kaum passende Begriffe oder Beschreibungen.

Wir haben also ein Mädchen, was sich opfert, um ihre Schwester zu retten, weil sie glaubt, dass diese ein erfüllteres Leben zu erwarten hat. Dabei unterschätzt sie sich und ihren Wert enorm, denn sie ist mutig, klug und hat einen unglaublichen Lebenswillen. So nimmt sie ihr Schicksal an und kämpft auf ganz ungeahnten Pfaden. Lo-Melkhiin ist fasziniert von seiner neuen Frau und spürt, dass er endlich einen Gegner vor sich hat, bei dem es sich lohnt, noch abzuwarten. So geschieht das Unglaubliche, eine Königin lebt mal länger.

Natürlich ahnen wir es, beziehungsweise, ist ja schon im Prolog zu lesen, das im König nicht der Mann steckt, der eigentlich, das Sagen haben sollte und durch seine immer mal wieder erscheinenden eigenen Worte, können wir miterleben, wie es ihn lüstet, die Kraft dieses Mädchen besitzen zu wollen. Denn diese Geschichte wird von Magie beherrscht, von der dunklen, bösen, alles verzehrend wollenden und der saubern, hoffenden und guten Magie. Es ist ein Kampf von Gut gegen Böse, von der unglaublichen Kraft der Liebe zu Geschwistern und den Glauben doch noch einen Weg zum Licht finden zu können.

Was allerdings ein bisschen irreführend ist, ist die Beschreibung auf dem Klappentext, denn von Romantik ist nicht wirklich die Rede. Zumindest nicht die Romantik, die wir uns vorstellen, denn von verliebten Pärchen ist hier keine Spur, denn nicht von dieser Liebe ist hier die Rede. Wer sich also auf eine Liebesgeschichte gefreut hat, wird bitter enttäuscht werden. Allerdings hat mir das gerade gefallen, so hebt sich die Geschichte tatsächlich von anderen ab und schafft was ganz Eigenes, es ist für mich märchenhafter und irgendwie authentischer, wie in alten Märchenbüchern, da spielt die Liebe ja auch nicht immer in romantischem Sinne eine Rolle. Außerdem fand ich die Beschreibungen der Wüste einfach atemberaubend klasse, man merkt das sie dort mal gearbeitet und gelebt hat und so hat sie uns diese Welt wunderbar in Worte eingefangen.

Wer also Mal wieder so ein richtiges Märchen lesen möchte, wo Gut gegen Böse kämpfen und das vor einer unglaublich greifbaren Kulisse, der sollte zu diesem Buch greifen, denn so gern, wie ich auch Liebesgeschichten habe, war ich schnell verzaubert und habe diese Geschichte verschlungen.