Rezension

Ein sehr bewegendes Schicksal

Schwalben - Ira Ebner

Schwalben
von Ira Ebner

Bewertet mit 4 Sternen

Zunächst danke ich der Autorin noch einmal ganz herzlich, dass sie mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat!
Fee, eine Deutsche, wächst in Estland auf. Sie führt ein friedliches Leben mit ihrer Familie, bis Hitler in Deutschland an die Macht kommt. Sein Machtstreben wirkt sich auch auf Estland aus. Fee und ihr Freund Kalju müssen gegen Rassenhass, Fremdenfeindlichkeit, Entbehrungen und anderen Widrigkeiten kämpfen. Bald schon trennen sich ihre Wege: Fee flieht mit ihren Eltern nach Deutschland. Als Krankenschwester zieht sie mit den Soldaten an die Front. Kalju kämpft ebenfalls an der Front, aber für Estland.
Meret, Fees Enkelin, begibt sich Jahre später auf die Spuren ihrer Großmutter. Dabei führt ihr Weg auch nach Estland. Was ist aus Fee und Kalju geworden?
Dieses Buch handelt von Liebe, Krieg und Verrat. Es ist sehr gefühlvoll geschrieben. Der Leser erhält tiefe Einblicke in das Leben  zweier Menschen während des 2. Weltkrieges. Ich konnte mir ein deutliches Bild davon machen, was die Menschen in dieser Zeit erleiden mussten; wie sie verzweifelt versuchten, die Hoffnung zu behalten und letztlich doch gescheitert sind. Das Schicksal schlägt oft hart zu. Die Autorin beschreibt sehr eindrucksvoll, wie die Charaktere sich gefühlt haben. Auch die verschiedenen Schauplätze sind sehr liebevoll und detailgetreu wiedergegeben. Ich war noch nie in Estland, aber ich habe einen sehr deutlichen Eindruck gewonnen. Auch die Unterschiede zwischen heute und damals hat Ira Ebner sehr gut herausgearbeitet, und zwar sowohl, was die Gesellschaft betrifft als auch die örtlichen Gegebenheiten. Aus einem verträumt-verspielten, romantischen Ort wird ein sehr kalter und trostloser und später zu einem modernen mit Leben gefüllten.
Die Geschichte wird in zwei Handlungsstränge unterteilt: zum einen die Vergangenheit von Fee, zum anderen die Gegenwart, in der Fee und Meret sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen, und in der auch Meret zu ihren Wurzeln findet. Hierbei muss der Leser allerdings ab und an gut aufpassen, denn oft bemerkt er den Zeitpunkt nicht, an dem er in die Vergangenheit reist oder in der Gegenwart wieder auftaucht. Manchmal hatte ich mich gewundert, weil ich von einem Zeitpunkt der Vergangenheit zu einem noch früheren Zeitpunkt gereist bin. Für mich war nicht immer gleich ersichtlich, an welchem Zeipunkt ich mich gerade befinde. Auch gingen die Ich-Perspekte, wenn also Fee von sich erzählt, und die auktoriale Erzählperspektive unbemerkt ineinander über. Die Abgrenzungen waren leider nicht ganz so klar. Aber wenn dem Leser dann wieder bewusst ist, wo er sich befindet, kann er wieder ganz tief eintauchen in die Geschichte. 
Ira Ebner ist es sehr gut gelungen, die verschiedenen Charaktere darzustellen. Von jedem kann sich der Leser ein abgerundetes Bild machen. Vor allem hat mir ausgezeichnet gefallen, dass nicht alle Entscheidungen der Charaktere mit Sympathie meinerseits einhergingen. Manche Handlungen kann man verurteilen, weil sie falsch sein mögen. Aber andere Zeiten verlangen auch andere Entscheidungen als heute. Insofern war es auch konsequent. Die Protagonisten selbst sind einfach authentisch. Jeder macht Fehler, manch einer auch größere oder schwerwiegende. Auch Fees Leben war nicht einfach; ihre Entscheidungen hat sie sich auch nie einfach gemacht. Und der Leser spürt sehr deutlich ihren Zwiespalt.
Manchmal muss man sich selbst und anderen verzeihen, um eigenen Frieden zu finden. Die Geschichte mag fiktiv sein, aber sie ging mir sehr ans Herz. Allen, die sich für das Thema 2. Weltkrieg rundherum interessieren, kann ich dieses Buch ganz klar empfehlen. Ich vergebe daher ganz tolle 4/5 Sternchen.
 

Kommentare

Arietta kommentierte am 30. Januar 2015 um 17:51

Ich schließe mich deiner Rezi an. Sie ist wunderschön und seht Informativ geschrieben....

Danke. Sie macht Lust auf das Buch !