Rezension

Eine Liebesgeschichte mit Tiefgang

Sam und Emily - Holly Goldberg Sloan

Sam und Emily
von Holly Goldberg Sloan

Glaubt ihr an das Schicksal? Dass das Leben in für euch vorbestimmte Bahnen verläuft und ihr keine Möglichkeit habt, etwas zu verändern? Oder eher an den Zufall? Genau diese Fragen stellte ich mir, bevor ich „Sam und Emily – Die kleine Geschichte vom Glück des Zufalls“ zur Hand nahm. Denn diese Geschichte um Sam und Emily entstand durch viele kleine Zufälle und man könnte fast sagen, sie wurde vom Leben geschrieben.
Sams und Emilys Leben könnten nicht unterschiedlicher sein. Sam führt zusammen mit seinem kleinen Bruder unfreiwillig ein Leben am Rande der Gesellschaft, immer auf der Flucht. Ein tristes und hoffnungsloses Leben, das von einem dominanten und psychisch kranken Vater bestimmt wird. Mittellos zieht der Vater mit seinen zwei Söhnen, die er eigentlich nur als lästige Anhängsel betrachtet, von Ort zu Ort und hält sich mit kleinen Diebstählen über Wasser. Immer wenn Sam sich gerade an einen Ort gewöhnt hat, heißt es wieder Abschied nehmen, weil es für die Familie zu unsicher wird. Ein wirkliches „Zuhause“ haben sie nie kennengelernt. Emily hingegen wächst sehr behütet in einer liebevollen Familie auf und ist neugierig auf das Leben und die Menschen, die sie umgeben. Man könnte es Schicksal nennen oder Zufall, dass genau diese so unterschiedlichen Menschen aufeinander treffen und einen Moment erleben, der ihr ganzes Leben verändern wird und alles aus dem Gleichgewicht bringt.

Ich muss gestehen, dass ich, obwohl ich den Inhalt in einigen positiven Rezensionen erfahren hatte, doch sehr überrascht wurde. Erwartet hatte ich eine etwas oberflächliche und vielleicht kitschige Liebesgeschichte für Jugendliche, die sich an vielen Klischees bedient. Bekommen habe ich jedoch etwas ganz anderes. Eine zarte Liebesgeschichte die mit vielen Hindernissen zu kämpfen hat und eine sehr abenteuerliche Wendung nimmt. Aber es ist auch eine Geschichte, die sich kritisch mit der heutigen Gesellschaft auseinandersetzt. 
Goldberg Sloan nimmt in diesem Buch die Erzählerfunktion ein und berichtet mit einigem Abstand zu ihren Protagonisten über deren Leben. Und obwohl sie einen gewissen Abstand beibehält, ist sie bestens informiert und beschreibt ihre Figuren mit sehr viel Gefühl und für den Leser nachvollziehbar. Durch den besonderen Erzählstil bekommt die Geschichte etwas Märchenhaftes und Zartes, das den Leser verzaubert. Obwohl die Handlung in einem sehr ruhigen Tempo beginnt, wird sie nie uninteressant und langatmig und nimmt mit jedem erlebten Moment - vom Schicksal bestimmt oder vom Zufall - an Spannung zu. Man könnte es mit einer Kettenreaktion vergleichen und alles scheint miteinander verbunden zu sein. Die Handlung wird immer dramatischer und was für mich interessant war, ist wie die Figuren in vielen unvorhersehbaren Ereignissen reagierten. Denn es gibt Menschen, die an ihrem „Schicksal“ zerbrechen, aber einige wachsen über sich hinaus. Meist sind es die von denen man es nicht erwartet. Zum Ende wurde ich allerdings ein wenig ungeduldig. Ich wollte endlich wissen, nachdem mich diese Geschichte oft zu Tränen gerührt hat, wie sie ausgeht. Diese Ungeduld ist einzig meinem Charakter zuzuschreiben und nicht etwa eine Kritik an diesem Buch. Am Ende konnte ich glücklich dieses Buch zuklappen. Jedoch blieb eine Frage: Ist es das Schicksal das, was unser Leben leitet? Eine zufriedenstellende Antwort wird es wohl nicht geben…

„Sam und Emily – Die kleine Geschichte vom Glück des Zufalls“ von Holly Goldberg Sloan ist ein Jugendbuch, das auch Erwachsene durch eine außergewöhnliche und realistische Handlung und fantastisch gezeichnete Charaktere, die sich einfach ungefragt und unauffällig in die Herzen der Leser schleichen, begeistern wird.