Rezension

Eine packende Dystopie, die mich emotional gut durchgerüttelt hat.

Land ohne Lilien - Geraubt - Lauren DeStefano

Land ohne Lilien - Geraubt
von Lauren DeStefano

Bewertet mit 5 Sternen

Durch ein verheerendes Genexperiment, das dafür sorgen sollte, das Menschen nicht mehr an Krebs und anderen tödlichen Krankheiten sterben, kommt es zu der katastrophalen Folge, das Frauen nur noch 20, Männer nur noch 25 Jahre alt werden. Dann sucht sie ein tödliches Virus heim, das man nicht stoppen kann.

Damit die Menschheit nicht irgendwann ausstirbt, braucht man möglichst viele Nachkommen.

Mädchen, die meisten sind Waisen, werden geraubt, von den Straßen weggefangen. Wer Glück hat wird an einen sogenannten "Hauswalter" verkauft und damit in eine Ehe gezwungen, in deren Vordergrund nicht etwa Liebe und Gefühle stehen, sondern in der es einzig darum geht so schnell wie möglich Nachwuchs zu produzieren. Zu diesem Zweck darf ein Hauswalter auch mehr als nur eine Braut besitzen.

Rhine ist das mittlere von drei Mädchen, das so im Haus von Linden und seinem Vater Vaughn landet. Ein goldener Käfig, in dem ihr, wenn sie sich fügt, beinahe jeder Wunsch erfüllt wird, bis auf den wichtigsten: Der Wunsch nach Freiheit...

Meinung:

Das Cover ist wunderschön und bittersüß. Ein Mädchen im Brautkleid, ein Käfig, der ihre "Gefangenschaft" symbolisiert, ein düsterer Hintergrund. Es passt perfekt.

Der Plot hat mich gleichermaßen schockiert, wie fasziniert.

Lauren DeStefano warf mich völlig unvorbereitet in eine grausame Anfangsszene, die für Gänsehaut sorgte, mich aber auch so gepackt hat, das es undenkbar war, das Buch wieder zur Seite zu legen. Ihr Schreibstil ist zwar recht schnörkellos, aber sehr eindringlich. Sie versteht es mich mit ihren Worten emotional durchzurütteln. Mal möchte ich lachen, mal weinen, manchmal bin ich bestürzt und dann wieder zuversichtlich.

Obwohl die Mädchen nach außen hin gut behandelt werden, man sie umsorgt und sich kümmert, spürt man im Hintergrund immer so ein beklemmendes Gefühl, das man nicht wirklich definieren kann. Es ist nicht nur die Tatsache, das ein Mädchen mit gerade mal 13 ( die jüngste Braut ) verheiratet und direkt schwanger wird. Die Vorstellung ist ziemlich krass und auch irgendwie widerwärtig, wenn man darüber nachdenkt das ihr Mann bereits jenseits der 20 ist. Das Ganze hat schon einen bitteren Beigeschmack. Solche Dinge passieren irgendwo auf der Welt jeden Tag, die Vorstellung ist grausam, das regt zum Nachdenken an, ich denke das wollte die Autorin hier vielleicht auch erreichen.
Aber da sind noch andere Dinge die mir die Kehle zuschnüren. Geheimnisse die hier nur angedeutet, aber noch nicht aufgedeckt werden.

Von Anfang an baut sich hier Spannung auf. Es gibt zwar einige ruhigere Passagen, in denen es sich um eher alltägliche Dinge dreht, aber man bleibt trotzdem immer wachsam und vermutet hinter jeder Ecke einen Spitzel oder ein dunkles Geheimnis.

Was mich hier wirklich sehr begeistert hat, waren die charakteristisch ausgeprägten Figuren. Jeder, selbst die Nebencharaktere, hat hier bezeichnende Eigenschaften, die ihn oder sie ausmachen.

Cecily, die jüngste Braut, ist ein aufbrausendes Mädel. Sie benimmt sich ganz ihrem Alter entsprechend, mal furchtbar zickig, mal wieder sanft und mitfühlend. Sie ist immer bemüht zu gefallen und liebt das Leben in Lindens Haus. Zwischen ihr und Hausprinzipal Vaughn entwickelt sich eine merkwürdige Verbindung, die man nicht so recht durchschauen kann. Ich hatte immer das Gefühl, das er sie auf irgendeine Art und Weise manipuliert.

Jenna, die Älteste der drei Bräute, ist die Zurückhaltendste. Nach außen gibt sie sich distanziert, doch in ihr brodelt die Wut und der Hass auf ihren Ehemann und dessen Vater. Zu viel hat man ihr genommen, als das sie ihnen verzeihen könnte. Jenna wird für Rhine zu einer guten Freundin. Die beiden Mädchen vertrauen sich wie Schwestern.

Und Rhine ? Rhine ist einfach nur unglaublich ! Sie ist eine tolle Protagonistin, die man direkt ins Herz schließt und mit der man mitleidet und mitfiebert. Ihr einziges Ziel ist es, aus diesem Haus zu entkommen. Bei einem ihrer heimlichen Streifzüge stößt sie auf Dinge die sie besser nicht gesehen hätte, dies verstärkt ihren Wunsch zu fliehen nur noch. Doch Hausprinzipal Vaughn hat sie immmer im Blick, er scheint zu wissen was sie plant und droht ihr. Sie beginnt, sich gespielt zu fügen und versucht zu gefallen um keine Aufmerksamkeit mehr auf sich zu ziehen, denn nur so kann sie in Ruhe ihre Fluchtpläne schmieden.

Linden ist kein schlechter Mann, wie man zuerst annimmt. Er steht unter dem Einfluß seines Vaters, der ihm Lügen für Wahrheit verkaufen kann, weil er ihn ein Leben lang "blind" gehalten hat. Linden hat schon früher nur selten das Haus verlassen, er kennt nur die Dinge die sein Vater ihm gezeigt und glaubt nur das was er ihm erzählt hat. So denkt er auch, das seine Bräute freiwillig in die Ehe mit ihm gegangen sind, niemals würde er vermuten was ihnen angetan wurde. Er ist einfach unbedarft und auch unbeholfen, was manchmal schon ein bisschen komisch wirkt und mich schmunzeln lässt. Obwohl ich ihm gegenüber anfangs sehr skeptisch war, muss ich sagen, das ich ihn am Ende wirklich mochte.

Wer mir hier noch ein bisschen blass erscheint ist Gabriel, der Diener mit dem sich Rhine anfreundet, für den sie Gefühle entwickelt und ohne den sie keinesfalls das Anwesen verlassen wird. Ich denke das sich dies im zweiten Band der Reihe sicher ändern wird und ich dann einen besseren Draht zu ihm bekomme.

Das Scheusal, das in keiner guten Geschichte fehlen darf, ist hier Hausprinzipal Vaughn, Vater von Linden, angesehener Arzt, der sich seit der Geburt seines Sohnes damit beschäftigt ein Heilmittel gegen den Gendefekt zu finden, der die Menschen in so jungen Jahren dahinrafft. Er ist ein sogenannter Erstgenerationer und deshalb schon recht "alt" ( ich würde ihn auf Mitte/Ende 50 schätzen, was in der Geschichte wirklich uralt ist ). Das er ein Heilmittel sucht, klingt eigentlich nach etwas Positivem, aber da muss ich Euch enttäuschen, denn Vaughn geht über Leichen. Was genau er da in seinem Keller alles treibt, ist leider unklar. Er ist ein Meister der Manipulation, skrupellos und schleimig. So ganz der typische Bösewicht eben.

Auch wenn hier einige Fragen offen bleiben, auf deren Antworten wir ganz sicher in den folgenden Bänden der Reihe stoßen werden, ist das Ende hier doch ziemlich rund. Es gibt, zur Abwechslung, mal keinen Cliffhanger, wofür ich dankbar bin. Dennoch ist man neugierig wie es weitergeht und kann es kaum erwarten, die Fortsetzung zu lesen, die übrigens ebenfalls am 14. Juli 2014 bei cbt erschienen ist.

Fazit:

Lauren DeStefano schafft mit "Land ohne Lilien: Geraubt" einen echt packenden Page-Turner. Mit ihren Worten reißt sie mich mit und rüttelt mich emotional gut durch.
Wer gerne Dystopien liest, der sollte diese hier auf gar keinen Fall verpassen !

©Ina's Little Bakery