Rezension

Eine ruhige starke Geschichte

Der Sommer meiner Mutter - Ulrich Woelk

Der Sommer meiner Mutter
von Ulrich Woelk

Sommer 1969. Der elfjährige Tobias fiebert am Stadtrand von Köln der ersten Mondlandung entgegen, während sich seine eher konservativen Eltern mit den politisch engagierten und flippigen neuen Nachbarn anfreunden. Deren dreizehnjährige Tochter Rosa bringt Tobias nicht nur Popmusik und Literatur bei, auch was das Liebesleben angeht, hat sie ihm einiges voraus. Zwischen den Eltern entwickelt sich ebenfalls eine wechselseitige Anziehung, aber die Liebe geht andere Wege als vermutet. (Klappentext)

Im Sommer 1969 ist der Protagonist Tobias ein 11-jähriger Junge. Es ist der Sommer, in dem seine Mutter sich umbringt. Seine Eltern führen bis dorthin einvernehmlich, eine konservative Ehe. Er arbeitet, sie ist zuständig für Haushalt und Kindererziehung. Sie leben in einem Kölner Vorort und als im Nachbarhaus ein Ehepaar einzieht gerät ihr sonst so überschaubares Leben in Bewegung. Die Nachbarin trägt Hippieklamotten, übersetzt Bücher und ist genau wie ihr Mann Anhängerin einer linken Weltanschauung. Tobias Mutter wagt ein paar zarte Schritte in Richtung Veränderung, Blue Jeans statt Baumwollrock. Als sie jedoch arbeiten möchte, fühlt ihr Mann sich unzulänglich und sorgt sich darüber, was seine Kollegen und erst die Vorgesetzten denken könnten.

Während seine Eltern und die Nachbarn sich näher kommen, sucht Tobias die Nähe zur älteren schlauen Nachbarstochter Rosa, die ihn zu verheißungsvollen Fantasien anregt. Als seine und Rosas Eltern wieder einen gemeinsamen diskussionsfreudigen Abend verbringen, ist er bei Rosa und das Drama nimmt seinen Lauf.

Die Geschichte ist eine Ich-Erzählung, der Sprachstil schlicht und präzise. Dadurch entsteht eine große Nähe zum Protagonisten. Ich kann mich genau in Tobias hineinfühlen, erfahre wie er denkt und fühlt. 

Fazit: Der Sommer meiner Mutter ist ein ruhiges Buch in dem etwas völlig unvorhergesehenes passiert. Es geht um den Wunsch nach Veränderung, Emanzipation, Entsetzen und Schuld. Meine Empfehlung für diese ruhige starke Geschichte.

Der Autor: Ulrich Woelk lebt als freier Schriftsteller in Berlin. Er studierte Physik und Philosophie. Sein Debütroman »Freigang«, erschien 1990. Der Roman »Der Sommer meiner Mutter« stand auf der Longlist des Deutschen Buchpreises und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Für »Für ein Leben« erhielt Ulrich Woelk den Alfred-Döblin-Preis.