Rezension

Eine Schicksalsgemeinschaft durch die Flut

Kaffeeklatsch mit Goldfisch - Martha Sophie Marcus

Kaffeeklatsch mit Goldfisch
von Martha Sophie Marcus

Bewertet mit 5 Sternen

~~Apothekerin Antonia lebt mit ihrem Mann Monty und den beiden Töchtern in Jeetzeburg an der Elbe. Eigentlich war sie mal glücklich und zufrieden, doch ausgerechnet vor ihrem 20. Hochzeitstag muss sie feststellen, dass ihr Mann und sie sich kaum noch etwas zu sagen haben und auch die pubertierenden Töchter ihr über den Kopf wachsen. Währenddessen verschließt Antonias Freundin Helen die Augen vor der Alkoholsucht ihres Mannes und belügt sich und die eigenen Söhne selbst, dass alles wieder in Ordnung kommt. Carolin, Antonias Angestellte in der Apotheke, ist heimlich verliebt in einen alten Schulkameraden, jedoch viel zu schüchtern, um aus sich heraus zu gehen. Petra lebt mit ihren sechs Kindern in einem Haus, welches ihr gerade wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde. Sie hat Existenzängste, denn sie ist auf sich allein gestellt und hat kaum Geld, um sich und die Familie durchzubringen, doch sie will sich vor anderen nichts anmerken lassen. Die alte Frau Lilienthal war früher Lehrerin und lebt nun einsam und allein in einem großen Haus in ihren Erinnerungen. Als eine Hochwasserkatastrophe den Ort an der Elbe bedroht, führt diese alle Frauen zusammen in ein Haus und verbindet ihr Schicksal auf wundersame Weise.

Martha Sophie Marcus hat mit „Kaffeeklatsch mit Goldfisch“ einen wunderschönen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig zu lesen, als Leser ist man bereits ab der ersten Seite ein Teil des Geschehens. Die einzelnen Kapitel sind mit den Vornamen der einzelnen Protagonistinnen versehen, so wechselt man immer wieder von einer Perspektive in die nächste und verfolgt das Leben der Frauen und deren Gefühls- und Gedankenwelt. Die Charaktere wurden von der Autorin so vielfältig, authentisch und detailliert angelegt, dass man sich sofort mit ihnen wohlfühlt. Jede hat ihre eigene Persönlichkeit, weshalb man auch das Gefühl nicht loswird, eine oder mehrere von ihnen sehr gut zu kennen. Antonia ist sehr kontrolliert, sie hat alles im Griff. Ist es mal nicht so, verzweifelt sie innerlich, spricht aber nicht darüber, sondern versucht allein, mit allem fertig zu werden. Dabei ist sie hilfsbereit und hat immer ein offenes Ohr für alle. Helen hat das Problem mit ihrem Ehemann längst erkannt, doch sie lässt sich immer wieder von seinen Beteuerungen einlullen und übersieht dabei, wie sehr ihre eigenen Kinder unter der Gesamtsituation leiden. Sie traut sich noch nicht, ehrlich zu sich selbst zu sein und endlich Maßnahmen zu ergreifen. Petra ist eine mutige, hilfsbereite und starke Frau, die ihre sechs Kinder ganz allein erzieht und Tag für Tag am Rande des Existenzminimums kämpft, um alle gut zu ernähren, zu kleiden und ihnen genug Liebe und Geborgenheit zu geben. Dabei verzichtet sie selbst auf vieles, was sie sich selbst wünscht und sei es nur eine Tasse guten Kaffees. Sie ist aber auch eine stolze Frau, die keine Almosen möchte, selbst wenn diese bitter nötig sind. Carolin ist liebevoll, hilfsbereit, dabei so schüchtern, dass sie fast vor ihrem eigenen Schatten erschrickt. Sie ist in ihrem Beruf patent, doch in der Männerwelt geht sie völlig unter. Dabei fehlt ihr eigentlich nur ein wenig Mut, über ihren eigenen Schatten zu springen und mehr aus sich heraus zu kommen. Die alte Frau Lilienthal hat das Herz am rechten Fleck, doch sie ist einsam und allein, nur ihr Enkel besucht sie ab und zu, doch sie ist ihm auch eher ein Klotz am Bein. Sie kennt alle der Frauen, entweder aus ihrem eigenen Unterricht als ehemalige Schüler oder als Nachbarn.

Die Handlung beschreibt die alltäglichen Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen mit- und untereinander, die tagaus tagein auch im realen Leben stattfinden. Gerade deshalb ist das Buch so sympathisch, weil es sich mit der Wirklichkeit beschäftigt. Es geht um gescheiterte Beziehungen, finanzielle Probleme, das nachbarschaftliche Miteinander, und alles wurde von der Autorin so wunderbar aufbereitet, dass es auch glaubhaft ist.

Ein sehr schöner Roman, bei dem man sich während der Lektüre wohlfühlt und der am Schluss auch Raum für eigene Gedanken lässt. Eine absolute Leseempfehlung!!