Rezension

Eine Warnung

Kafka am Strand - Haruki Murakami

Kafka am Strand
von Haruki Murakami

Bewertet mit 2 Sternen

Haruki Murakamis berühmter Roman „Kafa am Strand“ startet sehr einnehmend! Einmal haben wir den Ich-Erzähler Kafka Tamura, der beschließt, an seinem 15. Geburtstag von zu Hause wegzulaufen und diesen Plan auch erfolgreich umsetzt. Er ist ein Einzelgänger, dessen Vater sich nicht groß um ihn zu kümmern scheint. Seine Mutter und seine Schwester hat er seit seinem vierten Lebensjahr nicht mehr gesehen. Aber was ihn von zu Hause forttreibt ist eine seltsame Prophezeiung.

Neben Kafkas Erzählung gibt es immer wieder Einschübe, die von einem unerklärlichen Vorfall in den 40er Jahren berichten, bei dem eine ganze Grundschulklasse bei einem Ausflug in die Berge plötzlich in eine Art Ohnmacht gefallen ist. Die Protokolle dieses Unglücks sind spannend und geben der Story den richtigen Pep. Und dann gibt es natürlich noch Nakata: Der ältere Mann ist etwas langsam, kann nach einem Unfall in der Kindheit weder lesen noch schreiben, dafür aber mit Katzen sprechen.

So weit so gut! Leider hatte ich das Gefühl, Murakami hat irgendwann komplett aus den Augen verloren, wie er den Roman begonnen hat und hat sich einfach von Absurdität zu Absurdität treiben lassen. Diverse Handlungsstränge, die den Roman erst interessant gemacht haben, werden fallengelassen oder nur noch am Rande erwähnt. (Das Unglück in den Bergen? Vergessen. Kafkas Vater und seine Flöte aus Katzenseelen für die wir Szenen krasser Tierquälerei durchstehen mussten? Nö, kein Bedarf mehr. Kafkas Aussetzer, bei denen er Leute verletzt haben soll? Nicht der Rede wert. Gespräche mit Katzen? Ausgemustert. Die Prophezeiung? Nicht so wichtig.) Wer sich irgendeine Form von Aufklärung oder Aha-Effekt erwartet, wird hier auf ganzer Linie enttäuscht. Aber was sind schon Aufklärung oder ein schlüssiges Ende wenn man Geister, Inzest, Sex und viel Schwafelei über Komponisten und klassische Musik bekommen kann?

Schwer auf die Nerfen gefallen ist mir auch Kafka selbst. Ein Eisblock von einer Hauptfigur, der kaum den Mund auf bekommt, viel grübelt, viel zu viel von seinem Penis erzählt – mindestens dreimal wird erwähnt, dass sich seine Vorhaut schält respektive gerade geschält hat. Was zur Hölle? Geh zum Arzt, Junge! - und der noch nicht mal in seiner ersten Verliebtheit nahbar wirkt. Was für eine Wohltat war es da, Nakatas Teil der Geschichte zu lesen! Bei Nakata gibt es kein intellektuelles rumgeeiere, dafür brachte mich seine offene Art oft zum Schmunzeln. Ein Jammer, dass seine Geschichte so sang und klanglos endet.

Die Krönung des Ganzen waren dann absolut unnötige Sexszenen zwischen Kafka und einer etwa 40 Jahr älteren Frau, die vielleicht seine Mutter ist und eine Vergewaltigung, bei der das weibliche Opfer laut dem Gefühl des Vergewaltigers Lust empfindet. Klar. Aber vielleicht war es nur ein Geist, dann wird das Ganze schon ok sein. *Ironie off*

Für mich wurde der Roman nach einem grandiosen Start nach und nach komplett in den Sand gesetzt. Es wurde immer absurder, immer abgedrehter und ich habe immer mehr das Interesse verloren. Die Sexszenen waren auch für Murakamis Verhältnisse absolut drüber. Sowas brauche ich definitiv nicht noch mal.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 05. Mai 2022 um 18:46

Man könnte denken, dass manche Autoren manchmal Drogen nehmen ... nur so ne Idee. Ein herrlicher Verriss.