Rezension

eine Zeit, die sprachlos macht

Zwischen den Sommern -

Zwischen den Sommern
von Alexa Hennig Lange

Bewertet mit 5 Sternen

"Zwischen den Sommern" von Alexa Henning von Lange ist der zweite Band der Heimkehr Trilogie: Nach " Die karierten Mädchen" erzählt der zweite Band die Geschichte von Klara weiter, die genauso wie der erste Band auf zwei Zeitebenen erzählt wird. 

Isabell, Klaras Enkelin, findet Klara bei einem Besuch in ihrem Reihenhaus in Oldenburg tot im Garten.Die über neunzigjähre, blinde Großmutter, war bei einem "Ausflug " in den Garten gestürzt.Beim Räumen des Hauses findet Isabell über 100 Kasetten, die ihre Großmutter besprochen hat , um ihrer Familie ihre Lebensgeschichte zu hinterlassen. Isabell ist sehr überrascht, lernt sie ihre Großmutter, die Zeit ihres Lebens eine sehr strenge und couragierte Frau war, von einer ganz anderen Seite kennen, nämlich als empathische, liebevolle Frau und Mutter, die ihr Handeln immer wieder in Frage stellte und die einem jüdischen Mädchen Heimat und Liebe gab und in der festen Überzeugung ihr zu helfen, das Mädchen auf eine Reise schickte, die sie retten sollte. 

Im Gegensatz zum ersten Teil, nimmt das jüdische Mädchen Tolla nur wenig Raum in diesem Buch ein. Es wird zwar einige Male erwähnt und man merkt, dass ihr Schicksal Klara sehr beschäftigt, doch dieses Buch beschäftigt sich mehr mit dem Alltag von Klara und ihrer Freundin Susanne, die die Frauenbildungsanstalt in Senftenberg leitet. Ihr Umgang mit dem nationalsozialistischen System und ihre Leben während des Krieges, das ihre Familie nachhaltig beeinflusst, da ihr Mann im Krieg ist und sie mit ihren drei Kindern den Alltag und ihre Arbeit in der Bildungsanstalt allein bewältigen muss. 

Parallel dazu wird immer wieder ein Einblick in die Gegenwart gezeigt, in der Isabell und ihre Mutter Inge das Haus ihre Grossmutter räumen und Isabell feststellen muss, dass auch ihre Mutter wenig über Klara, ihre Mutter, wusste. Wie viele in dieser Generation, hat man vieles was die nationalsozialistische Zeit anging totgeschwiegen. 

Ich selbst kann mich daran erinnern, dass ich mit meinen Eltern hart ins Gericht gegangen bin, wenn es um die Nazizeit ging. " Warum habt ihr keinen Widerstand geleistet? Ihr habt es mit eurem Schweigen möglich gemacht, dass diese Gräultaten passierten. Ihr könnt mir nicht sagen , dass ihr nichts gewusst habe, von dem Genozid." Diese und viele andere Fragen begleiteten die Diskussionen und im Nachhinein taten mir meine Eltern leid, die diesen Fragen häufig hilflos ausgeliefert waren.

Auch in diesem Buch kommen diese Fragen in der Gegenwart vor und man fragt sich, warum Klara so gehandelt hat, wie sie es getan hat. Vielleicht ist es ein Vorrecht der Jugend, diese Fragen zu stellen.Heute, wo ich ein bestimmtes Alter erreicht habe, frage ich mich" Wie hätte ich damals gehandelt? Hätte ich auch viele Dinge nicht an mich herangelassen, weil ich es sonst nicht ertragen hätte weiterzuleben? Wäre ich so  mutig gewesen mein Leben zu riskieren? Denn was Widerstand zu leisten, mit all seinen Konsequenzen bedeuten kann,sehen wir ja derzeit sehr anschaulich in Russland. Solche Fragen zu stellen und Vorwürfe zu machen aus einer Komfortsituation heraus ist immer einfach. Was letztendlich möglich ist, was man sich traut steht auf einem anderen Blatt. 

Was mir das Ganze aber gezeigt hat ist, dass es nie aufhört wichtig zu sein, solche Bücher zu schreiben und sie zu publizieren.Wir Menschen müssen immer wieder an diese Gräultaten der deutschen Geschichte erinnert werden, denn das Geschichte sich wiederholt, merken wir zur Zeit mehr als deutlich, an Wahlumfragen, die die AFD im Umfragehoch zeigen und mich immer wieder fragen lassen " Lernen wir denn niemals Konsequenzen aus der Vergangenheit zu ziehen?

Ein mehr als wichtiges Buch.