Rezension

Einfach zauberhaft :)

Vogelherz - Catherine Catmull

Vogelherz
von Catherine Catmull

Malerisch und poetisch umschreibt die Autorin in Vogelherz selbst das schlimmste Gefühl wunderschön. Ein modernes Wintermärchen, eine Neuinterpretation der "Erreichbaren Grenze" gepaart mit der "Schwanenprinzessin". Für mich definitiv das Highlight des Jahres! :)

Vogelherz von Catherine Catmull - Top oder Flop? Als Damaris in Facebook einen Aufruf nach einem Rezensenten startete, hatte ich mich sofort gemeldet. Das Cover und der Klappentext hatten es mir schon früh angetan, aber ich hatte auch schon negative Meinungen gelesen. Kurzum: ich wollte mir mein eigenes Bild von dem Buch machen.

Das erste, das mir äußerst positiv auffällt, ist das Cover. Auch im englischen Original ist das Buch in das gleiche Gewand gekleidet, wie das Deutsche. Da hat sich der Verlag definitiv richtig entschieden und das Cover beibehalten. Auch die Namensänderung von "Summer and Bird" zu "Vogelherz" finde ich in Ordnung. Im Deutschen geht leider die Doppeldeutigkeit der Namen und der eigentlich Bedeutung der Wörter verloren. Der deutsche Titel fängt die Atmosphäre des Buches aber sehr schön auf :)

Ich hatte die deutsche Übersetzung vorliegen, habe aber interessehalber auch in die englische Version reingelesen. Von mir gibt es an dieser Stelle ein riesengroßes Lob an die Übersetzerin Katja Behrens. Sie schafft es die Wortgewalt einzufangen und dem Leser möglichst detailgetreu zu vermitteln. Hut ab, denn ich war häufig verwirrt, wann denn nun die kleine Bird gemeint war, wann der Vogel, oder wann sich ein Teilsatz auf was bezog. Im Deutschen bereits schwere Kost, ist das Buch im Englischen eine wahre Sprachgewalt für sich. Die Autorin spielt sehr häufig mit Wortbildern, malt Gefühle in die Luft und personalisiert alles, das nicht bei drei auf den Bäumen ist. Bird spricht "Vogel" und ihre kreisenden Gedanken werden zu Schleppschiffgedanken. Wem mein gewähltes Zitat gefällt, der wird sich an dem Schreibstil erfreuen. Wer allerdings nüchterne Fakten bevorzugt, der sollte die Finger von diesem Buch lassen.
Das Buch an sich ist ein Wunderwerk der Poesie. Nicht nur gespickt mit Neologismen und Wortmalereien, auch Märchen spezifische Elemente finden wir wieder. Die Autorin wird nicht müde, Anmerkungen in die Geschichte einzuflechten. Manche fühlen sich zwar in ihrer Vorstellungskraft und Fantasie eingeschränkt, doch ich sage: Es ist ein Märchen. Wenn die Autorin an einer Stelle einfließen lässt, dass "Bird diese Geschichte eine geraume Zeit später zu Ohren bekommen wird aber ihre falschen Schlüsse zieht", was soll daran nicht gut sein? Das bringt das Märchen Gefühl erst so richtig heraus. Das einzige, was mich ein klein wenig gestört hat, waren die Lieder, die eingeflochten wurden. Nicht immer konnte ich ein richtiges Reimschema erkennen, ganz zu schweigen von einer Hebung oder Ähnlichem. Das hat den Lesefluss ein wenig gestört.

Das Buch wird abwechselnd aus der Sicht von Summer und ihrer kleineren Schwester Bird erzählt. Ein Geschwisterpaar, das unterschiedlicher nicht sein könnte, sich gegenseitig aber zu einem großen Ganzen ergänzt. Das mag komisch klingen, aber was soll ich sagen? Gegensätze ziehen sich nunmal an. Summer ist ein rationales Mädchen, das stets nach einer logischen Lösung sucht. Sie interessiert sich für das Lösen von Rätseln, die Wissenschaft und sie war Bird stets eine gute, große und wissende Schwester. In jeder Lebenslage einen Rat auf den Lippen. Dennoch wird ihr Herz mit der Zeit von Neid vergiftet, denn Bird, die kleine sonderbare und besondere Bird scheint von der Mutter stets bevorzugt zu werden. Bird ist impulsiv, unruhig und flatterhaft. Sie ist spontan und lässt sich von ihrem Herzen leiten. Das ist der Grund, weshalb sie kein Verständnis für Summer hat. Summer, die immer alles bekommt, auch wenn sie nichts riskiert. Summer, die die Vögel nicht versteht, kein Auge für die Schönheit hat, bekommt stets das, was Birds Herz begehrt. Hier wird die Rivalität zweier Geschwister aufgegriffen und selbst dem jüngsten Leser nahegebracht. Zum Teil hat man allerdings das Gefühl, dass Catherine Catmull es mit den beiden zu sehr auf die Spitze treibt. Gerade junge Herzen sind rein und frei. Verständnisvoll und vergeben nur zu gerne. Meiner Meinung nach werden die zwei Kinder ein wenig zu erwachsen und Bird zu verbittert dargestellt.

Auch mit der Geschichte der Schwanenkönigin und des Vaters der Kinder wird mehr als eine brisante Thematik aufgegriffen. Scheidung Trennung. Verlust. Enttäuschung. Wie gehen die Kleinen damit um? Wie wird das Leben verändert und was geht in den Eltern vor? Malerisch und poetisch umschreibt die Autorin in Vogelherz selbst das schlimmste Gefühl wunderschön. Ein modernes Wintermärchen, eine Neuinterpretation der "Erreichbaren Grenze" gepaart mit der "Schwanenprinzessin". Für mich definitiv das Highlight des Jahres! :)