Rezension

Elke Heidenreichs Lese-Autobiografie

Hier geht’s lang! -

Hier geht’s lang!
von Elke Heidenreich

Bewertet mit 5 Sternen

„Mit Büchern von Frauen durchs Leben“ verspricht der Untertitel des Buches und hat damit bei mir die Erwartung geweckt, dass Elke Heidenreich in diesem Buch daran teilhaben lässt, inwiefern Autorinnen ihren Leseweg begleitet haben. Und genau das bekommt man mit diesem Buch auch, obwohl Elke Heidenreich gleich auf Seite 6 verkündet: „Frauenliteratur gibt es nicht“. Und so schreibt sie auf, was Bücher von Frauen mit ihr und ihrem Leben gemacht haben. Dies ist jedoch weder eine feministische Einordnung von Literatur noch der Versuch einer Literaturgeschichte von Frauen.

Vielmehr zeigt Elke Heidenreich sich als das kleine Mädchen, das zu einer Zeit mit dem Lesen begann, als noch streng zwischen Jungen- und Mädchenbüchern unterschieden wurde und so ein Frauenbild vermittelt wurde, das mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmte. Wir lernen die Studentin kennen, die sich unter lauter Männerliteratur zusammensuchen musste, was eigentlich Frauen dachten und schrieben. Und die Frau, die das Lesen und das Reden und Schreiben über Bücher zu ihrem Beruf gemacht hatte und die so geworden ist, wie sie ist, auch durch Bücher.

„Ich war ein in Büchern sich suchendes und langsam findendes Mädchen. Mich haben die Bücher gerettet, auch wenn sie mir manches gründlich vermasselt haben.“ (S. 9)

Es ist ein sehr persönliches Buch, in dem Elke Heidenreich wohl dosiert immer auch ein wenig den Mensch hinter den Büchern erkennen lässt ohne dabei zu viel aus dem Nähkästchen zu plaudern. Wir begleiten sie dabei durch ihre Zeit als Kind, als Mädel, als Backfisch, als Studentin, als junge Frau, durch die besten Jahre und heute. Ergänzt und aufgelockert wird der Text durch zahlreiche Abbildungen besonderer Bücher und Autorinnen und Autoren, aber auch durch private Fotos aus den verschiedenen Lebensphasen von Elke Heidenreich. Ein schöner Blick hinter die Kulissen der von mir hoch geschätzten Literaturkennerin, bei dem der Fokus jedoch immer auch auf dem Lesen und der Literatur liegt.

Der Schreibstil ist unprätentiös und authentisch, so dass man beim Lesen eigentlich auch immer Elke Heidenreichs Stimme im Ohr hat. Und so glaubt man ihr auch sofort:

„Literatur ist ein Geschenk, Bücher sind ein Glück, Geschichten sind lebensnotwendig, um die eigene Verwirrung zu ordnen. Ob wir Bücher von Männern oder von Frauen lesen, das spielt keine Rolle. Wenn sie denn gut sind, und das heißt: gute Story, sprachlich adäquat umgesetzt. Was aber eine Rolle spielt, ist in den Jahren des Erwachens, Zweifelns, Selbstfindens den richtigen Ton für das eigene Leben zu finden. Und da waren für mich Bücher von Frauen hilfreicher als Bücher von Männern, sehen wir von den fürchterlichen Mädchenbüchern meiner Kindheit ab.“ (S. 183)

„Hier geht’s lang“ ist eine durch und durch weibliche Lese-Autobiografie und man spürt beim Lesen Elke Heidenreichs große Liebe zur Literatur. Hier gibt es für den Leser vieles, gelegentlich sogar Kurioses, zu entdecken und erhält die Möglichkeit sich inspirieren zu lassen. Mir machte es viel Freude an manche Bücher erinnert zu werden und mich sogar in einigen Punkten wiederzuentdecken. Inzwischen habe ich das Buch noch ein weiteres Mal gelesen und finde es immer noch: Empfehlenswert!