Rezension

Erfüllung eines Traums

Die Douglas-Schwestern -

Die Douglas-Schwestern
von Charlotte Jacobi

Bewertet mit 4 Sternen

historischer Roman mit wahren Begebenheiten und sehr viel Fantasie

Marie Carstens ist schon als kleines Mädchen von Düften begeistert, vor allem von Parfums der Damen der feinen Hamburger Gesellschaft. Durch eine zufällige Begegnung wird sie in eine der ältesten Geschäfte Hamburgs mitgenommen und erfährt dort so viel über Parfums, dass sie mit ihrer jüngeren Schwester Anna noch an diesem Abend beschließt, eine eigene Parfümerie zu eröffnen. Anfang des 20. Jahrhunderts ist das aber kein leichtes Unterfangen, schließlich dürfen die Damen sich um den Haushalt und das Personal kümmern und repräsentieren, ein Unternehmen zu führen gehört jedoch zu den sehr unüblichen Beschäftigungen für Frauen. Marie und Anna setzen sich gegen alle Widerstände durch und gründen mit Unterstützung der Inhaberin der J.S. Douglas-Söhne, Bertha Kolbe, die "Parfümerie Douglas" in Hamburg am Neuen Wall. Die Douglas-Farbe auf dem gut gestalteten Cover erweckt hohe Erwartungen.

Das Autoren-Duo Charlotte Jacobi schreibt einen wunderbaren Schreibstil. Sämtliche Protagonisten werden mit wenigen Worten beschrieben, dennoch hatte ich sofort Bilder vor Augen. Das gilt, wie gesagt, nicht nur für diejenigen, die eine größere Rolle spielen, sondern auch für die, die nur in einer Szene einen "Gastauftritt" haben. Und nicht nur das: ich habe die Düfte, von denen die Rede ist, quasi gerochen.

Die Geschichte des Unternehmens Douglas bis zur Eröffnung der Parfümerie scheint mit gut recherchiert. Über die Schwestern Anna und Maria ist wenig bekannt. Im Nachwort schreiben die Autoren, dass erst aufgrund ihrer Recherche die Sterbedaten der unverheiratet gebliebenen Schwestern und damit auch die Geburtsdaten und der Geburtsort gefunden wurden. Damit konnten die Eltern identifiziert werden. Die Mutter ist früh verstorben, ob es tatsächlich eine zweite Ehefrau gegeben hat, ist ungeklärt. Dies ist nicht der einzige Punkt in diesem historischen Roman, der erfunden wurde. Einige Ereignisse wurden aufgrund der Dramaturgie zeitlich verändert. Damit kann ich gut leben, wenn es, wie es hier geschieht, in einem Nachwort erläutert wird. Einiges andere ist jedoch reine Spekulation, die dem Lesevergnügen ebenfalls keinen Abbruch getan hat. Etwas störend fand ich, dass beiden Schwestern Liebesgeschichten "angedichtet" wurden, die offensichtlich jeglicher Grundlage entbehren. Übrigens waren die Schwestern da bereits in einem Alter, in dem frau zu Beginn des 20. Jahrhunderts als "alte Jungfer" galt.

Sehr schade finde ich die Tatsache, dass die Entwicklung des Geschäfts während der Zeit des I. Weltkrieges weitgehend ausgeblendet wurde. Natürlich ist klar, dass auf ein Luxusgut wie Parfüm in dieser Zeit verzichtet werden musste. Ebenso klar ist, dass Einkäufe in Frankreich in dieser Zeit nicht mehr möglich waren. Aber was geschah mit dem Geschäft? Wovon wurde die Miete bezahlt?  Wovon lebten die Schwestern? Diese und weitere Fragen bleiben völlig offen, als die Schwestern nach Ende des Krieges das Geschäft öffnen, die Regale abstauben und noch vorhandene Ware wieder einräumen. Ansonsten stehen hier die beiden Liebesgeschichten im Vordergrund.

Ich habe lange geschwankt, inwieweit meine letzten Anmerkungen meine Bewertung beeinflussen. Ich habe mich für eine Vier-Sterne-Bewertung entschieden, weil mich der Schreibstil überzeugt hat und es Charlotte Jacobi gelungen ist, an jedem Kapitelende einen kleinen Cliffhanger einzubauen, so dass ich den Roman nicht aus der Hand legen konnte.