Rezension

Erschreckend realistisch

Er ist wieder da - Timur Vermes

Er ist wieder da
von Timur Vermes

Bewertet mit 4 Sternen

Er ist wieder da! Auf einem Grundstück mitten in Berlin wacht Adolph Hitler auf. Nach einem kurzen Nickerchen, wie der einstmalige Führer glaubt. Doch tatsächlich ist er so mir nichts dir nichts im 21. Jahrhundert gelandet. Und das ist auch für einen Adolph Hitler eine ganz schöne Herausforderung. Ohne seinen alten Stab an seiner Seite. Sich in das neue Deutschland einzufügen dauert für den ehemaligen Führer des Großdeutschen Reiches aber nicht lange. Und schon startet er eine neue Karriere als Fernsehstar. Mit den alten Parolen – und wird von dem deutschen Publikum gefeiert. Nur die, von denen man glauben könnte, dass sie erfreut über das Auftauchen Hitlers sind, die Neonazis, können sich nicht so recht mit ihm und seiner Show anfreunden. Nichtsdestotrotz Adolph Hitler arbeitet zum zweiten Mal an seinem Aufstieg und kommt immer weiter.

Kann man über Hitler lachen? Nun, einige Comödianten sind der Meinung. Doch „Er ist wieder da“ ist nicht einfach nur wie die Hitler-Parodien im Fernsehen. Dieses Buch ist erschreckend plausibel. Die geschilderten Erlebnisse im neuen Berlin unserer Zeit werden so treffend beschrieben, dass beim Lesen das was erst nur komisch und ein wenig irreal erschien, plötzlich gar nicht mehr so undenkbar wirkt.

Die Gestalt Adolph Hitlers und der anderen Protagonisten wird beim Lesen sehr deutlich, letzten Endes liegt dies vor allem am Schreibstil Timur Vermes‘. Denn er beschreibt die Gedanken der Personen und besonders Hitlers so gut, dass der Leser sich direkt hineinversetzt fühlt in die Person. Für viele, die die Zeit unter Hitler noch erlebt haben, könnte aber gerade das eher verstörend sein.

Aber: Besonders gut ist es dem Autor gelungen, dass das Buch keineswegs programmatisch wirkt. Es verherrlicht weder das was Adolph Hitler vor mehr als einem halben Jahrhundert getan hat, noch nimmt es es zu sehr auf die leichte Schulter. Denn „Er ist wieder da“ ist kein Buch, dass die Geschehnisse der NS-Zeit aufarbeitet. Vielmehr wirft es einen schonungslosen Blick auf unsere heutige Gesellschaft, dominiert von Medienkonsum, Einschaltquoten und Gefällt mirs.

„Er ist wieder da“ ist ein humorvoller Roman, voller beißender Satire, der uns unsere konsumsüchtige und mediengeile Gesellschaft vor Augen führt. Am Rande zeigt dieses Buch, dass Deutschland auch nach rund 70 Jahren noch nicht mit seiner Geschichte abgeschlossen hat. Vielleicht gerade deshalb lässt sich über dieses Buch so trefflich streiten – ist es nun witzig, oder sollte die deutsche Satire vor der unsichtbaren Grenze NS-Zeit und Hitler immer noch zurückschrecken?