Rezension

Erschreckendes Zukunftsszenario

Die Ummauerte Stadt - Jan Reschke

Die Ummauerte Stadt
von Jan Reschke

Bewertet mit 4 Sternen

~~Klappentext:

Seit dem Zusammenbruch der alten Weltordnung sind die Menschen in der Ummauerten Stadt einer totalitären Kontrolle ausgeliefert. Während Ausgangsperren, Wohnungsenteignungen und Verarmung zum Alltag gehören, riskiert Jeremiah mit dem Sammeln von Elektroschrott und Altmetall in den Außenbezirken regelmäßig sein Leben. Obwohl er sich im Besitz von diesen begehrten Tauschobjekten befindet, sehnt er sich danach, aus der Ummauerten Stadt zu entkommen, in der Nahrungs- und Sauerstoffversorgung kontrolliert und Menschen wie Vieh gehalten werden. Zusammen mit Bezirkskommunikator Goran begehrt Jeremiah gegen das System auf. Doch was wird ihn der Wunsch nach Freiheit kosten?

 

Erster Satz:

Meine Hölle ist sechs Quadratmeter groß.

 

Meine Meinung:

Die Welt, die wir bisher kannten, gibt es nicht mehr. Die Erde wurde komplett verseucht und ohne bestimmte Sauerstoffgeräte ist es einem unmöglich zu überleben. Die einzige Chance für die Menschheit, stellt deshalb die Ummauerte Stadt dar, die sich unter einer Kuppel befindet. Dort leben die Menschen aber mittlerweile unter einer totalitären Herrschaft, aus der es kein Entkommen zu geben scheint. Die Lebensmittel und der Sauerstoff sind knapp. Ebenso gibt es keine Arbeit, keine nennenswerte Verdienstmöglichkeit und nur begrenzt Wohnraum, sodass die Bürger dieser Stadt wie Schlachttiere unter unwürdigsten Bedingungen hausen müssen.

In dieser Welt wächst Jeremiah auf, der sich gegen das Herrschaftssystem auflehnt und mit Hilfe des Bezirkskommunikator Goran eine Rebellion ins Leben ruft. Ein blutiges Massaker beginnt und Jeremiah muss sogar seine Liebsten für den bevorstehenden "Bürgerkrieg" opfern...

 

Der Schreibstil des Autors ist sehr direkt und unverblümt, oft drückt er sich nur in kurzen Worten und Sätzen aus, die einem jedoch direkt unter die Haut gehen.

Die ergreifende Geschichte wird insgesamt aus vier Perspektiven erzählt und somit erhält der Leser einen besseren Einblick in die Geschehnisse. Als erstes lernen wir den Bewohner der Zelle 12, wobei man erst viel später erfährt um wen es sich dabei handelt, dann gibt es noch weiteren Sichtwechsel, der zwischen Jeremiah, Goran und der Regierung stattfindet. 

 

Die Welt, die Jan Reschke erschaffen hat, ist dermaßen brutal, dass sie dem Leser womöglich Alpträume bereiten kann. Obwohl "Die Ummauerte Stadt", eine Dystopie ist, besitzt sie viele Horror- sowie Psychothriller-Elemente, die nahezu krank und absolut abscheulich klingen. Jedoch verhält es sich mit dem Roman wie mit einem Unfall - obwohl man ihn schrecklich findet, kann man dennoch nicht anders als hinzuschauen. Genau dieses Gefühl hatte ich bei diesem Buch - es gab vieles, das mich sehr schockiert hat, vor allem das blutige und brutale Szenario, das hoffentlich so niemals in Wirklichkeit eintreten wird. Dennoch konnte ich dieses Buch niemals freiwillig aus der Hand legen.

 Der Roman vermittelt zudem so viel Trauer, Hoffnungs-und Ausweglosigkeit, sodass die Geschichte keine leichte Lektüre für zwischendurch ist und man als Leser die Ereignisse erstmal verarbeiten muss.

 

Die Handlung ist von Anfang an erschreckend und durchgehend spannend. Das einzige, was ich zu bemängeln habe, sind ein paar mehr Hintergrundinformationen, die mir ein bisschen gefehlt haben. Es wäre interessant zu erfahren, was zu der Seuche geführt hat, warum es kein Sauerstoff mehr auf der Erde gibt, in welcher Zeit sich der Roman abspielt etc. Auch das Ende ist nach dieser ganzen furchtbaren Zukunftsvorstellung ziemlich offen und ich bin mir gerade nicht sicher, ob das eig. von dem Autor so geplant war oder ob es doch noch einen 2. Band geben wird...

 

Zitat:

Wo meine Hölle ist? Ich weiß es nicht. Wie lange ich hier bin? Seit einer Ewigkeit! Wie lang ist eine Ewigkeit? Ein paar Wochen? Monate? Ein Jahr? Wie soll ich das wissen, wenn es keinen Tag gibt? Keine Nacht. Nur Licht. Weißes, helles Licht. Auf weißen Wänden.

Zweimal am Tag geht eine Klappe in der Tür auf und ein Tablett wird hineingeschoben. Nie ein Wort. Nie ein Gruß.

Anfangs habe ich aus Wut das Tablett durch den Raum geworfen. Damit auf die Wände eingeschlagen. Wollte das Licht auswerfen.

Dann kamen sie. Männer in weißen Anzügen. Vermummt. Mit langen Stäben bewaffnet gaben sie mir Elektroschocks. Nie ein Wort. Nie ein Grund.

 

Cover:

Das Cover gefällt mir sehr gut, es spiegelt in erster Linie durch die dunklen Farben, die düstere Stimmung im Buch wieder und das Bild der Kuppel und des Mannes mit der Sauerstoffmaske passt ebenso perfekt zum Inhalt.

 

Fazit:

"Die Ummauerte Stadt" ist ein Roman, der für ein erschreckendes Zukunftsszenario sorgt und von seiner fast schon kranken Brutalität lebt. Das Buch ist spannend, keine Frage, aber mit Sicherheit nicht für jeden Leser geeignet! Dennoch ist das ein grandioses Erstlingswerk, auch wenn es evtl. ein paar Parallelen zu anderen Dystopien enthält (wobei ich diese Tatsache jetzt irrelevant finde, weil "Die Ummauerte Stadt" im Grunde dennoch einzigartige Elemente und Ideen beinhaltet, die ich so nicht kannte).

Die Charaktere fand ich sehr gut und authentisch ausgearbeitet, die düstere und erdrückende, hoffnungslose Atmosphäre, die den Roman begleitet, war ebenso perfekt umgesetzt. Ein paar weitere Hintergrundinformationen hätten sicher dazu beigetragen, dass man als Leser, es besser nachvollziehen könnte, warum es zu so einer katastrophalen Weltherrschaft überhaupt gekommen ist.

Von mir gibt es deshalb 4 von 5 möglichen Sternen! Falls ein zweiter Band rauskommen sollte, bin ich mir noch nicht sicher, ob ich ihn tatsächlich lesen werde, da ich kein Fan von Psychothrillern bin, dennoch möchte ich natürlich gerne wissen, wie es nach all den schockierenden Ereignissen (die ich übrigens immer noch verarbeiten muss) denn weitergeht!

 

Weitere Rezensionen findet ihr auf meinem Blog: Ilys Bücherblog