Rezension

Familiengeschichte mit dramatischen Elementen

Der Ort, an dem die Reise endet - Yvonne Adhiambo Owuor

Der Ort, an dem die Reise endet
von Yvonne Adhiambo Owuor

Bewertet mit 5 Sternen

Als Geschwister wurden Moses Odidi und Arabel Ajany Oganda in eine kenianische Familie im Norden Kenias weit abseits von Nairobi geboren. Ajanys Bruder Moses Odidi wird Opfer bei einer Schießerei in den Straßen Nairobis. Ajany kehrt deshalb aus Brasilien zurück. Papa Aggrey Nyipir und Mama Akai Lokorijom trauern gemeinsam mit ihrer Tochter, wobei jede auf seiner Art und Weise trauert. Moses Odidis Tod lässt Erinnerungen an vergangene Zeiten lebendig werden, die bis in die Kolonialzeit zurückgeht bevor Kenia unabhängig wurde. Als Mama Akai voller Trauer von zu Hause flüchtet, kommen die Zweifel an die vergangenen Ereignisse innerhalb der Familie, aber auch manche bisher unausgesprochene Wahrheit kommt an die Oberfläche.

Die kenianische Autorin Yvonne Adhiambo Owuor nimmt die Leserschaft auf eine Reise von familiären Dramen, Emotionen, Schicksalen und kolonialen Einblicken der kenianischen Gesellschaft der 1950er und 1960er Jahre. Zu Beginn des Romans fällt einem sofort der Schreibstil eines anderen - sonst üblichen - Typus auf. Nach einigen Seiten hat man sich an den Stil gewöhnt. Besonders auffällig sind die Figuren Odidi und Ajany Oganda, die sich als Kinder zugehörig fühlen wie Zwillinge, aber später ihre eigenen Wege gehen. Als Moses Odidis Tod eintrifft, beginnt die eigentliche Geschichte der Familie. Yvonne Adhiambo Owuor erzählt aus der Perspektive der jeweiligen Figuren der Familie. Aber es wird auch der Versuch unternommen, warum Moses Odidi sterben musste. Während der Erzählung findet ein Wechselspiel zwischen Gegenwart und Vergangenheit statt, das einen Mix aus landschaftlichen Bildern, kenianischer (Kolonial-)Politik, Geschichte und Familienereignissen verschmelzen lässt. Besonders die Abwechslung unterschiedlicher Sprachen der lokalen kenianischen, brasilianischen, aber auch anderer afrikanischer Sprachen der Nachbarländer hinterlassen einen Kosmos der afrikanischen Lebensweise, bei der die einzelnen Schicksale nicht außer Acht gelassen werden. Jede Figur in dieser Geschichte erlebt sein eigenes Schicksal im positiven wie negativen Kontext. Des Weiteren gibt es kein gutes und kein schlechtes Ende der Geschichte, sondern eine Spur von Weisheit(en).

Bei diesem Roman muss ich betonen, dass er in eine Welt der afrikanischen Kultur und Geschichte eintaucht, und keine Ereignisse beschönigt, womit ich meine, dass diese Geschichte real passiert sein könnte. Yvonne Adhiambo Owuor begeisterte mich mit ihrer Familien(drama-)geschichte, weil sie Momente der Warmherzigkeit, aber auch der Brutalität von Emotionen und Ereignisse in einer Balance erzählen kann. Für diese Geschichte sollte man sich schon ein wenig Zeit lassen, um sich auf die Sprache und Verwicklungen der Figuren einzulassen. Ein Buch, um über den Tellerrand zu schauen.