Rezension

Faszinierende Rückblicke

Roxy -

Roxy
von Johann von Bülow

Bewertet mit 4 Sternen

MEINE MEINUNG

In seinem Roman „Roxy“ erzählt der deutsche Schauspieler und Debüt-Autor Johann von Bülow eine fesselnde Geschichte über das wahre Leben in all seinen Facetten, über prägende Freundschaften, Schicksal und Zufälle, die bisweilen bedeutsame Entscheidungen im Leben leiten. Im Mittelpunkt der feinfühlig und zumindest anfangs sehr humorvoll erzählten Geschichte steht die besondere, hochkomplexe Freundschaft zwischen dem etwas zurückhaltenden Protagonisten Marc und seinem stets provokant und selbstbewusst auftretenden Kumpel Roy. Zugleich nimmt von Bülow uns mit auf eine faszinierende Zeitreise in die 1980er und frühen 90er Jahre, die so manchen von uns in eigenen Erinnerungen schwelgen lässt. Er versteht es hervorragend, das damalige Zeitkolorit, das Lebensgefühl jener Zeit und die Befindlichkeiten der jungen Generation sehr stimmungsvoll und treffend einzufangen. Der Autor versteht es, Stimmungen und Bilder mit viel Feingespür zu schildern und bisweilen regelrecht filmreife Szenen vor unserem inneren Auge heraufzubeschwören. Während sich Marc zu Beginn des Romans auf dem Weg zur Beerdigung seines einst besten Jugendfreundes Roy befindet, blickt er zurück auf ihre gemeinsame wilde Zeit und auf unvergessliche Erlebnisse, die ihre Freundschaft so einzigartig machten. Ein gelungener, unheilvoller Einstieg, der mich auf Anhieb gefangen genommen hat, möchte man doch ergründen, welche Hintergründe Roys früher Tod hat und was zum Zerwürfnis der beiden beigetragen haben mag. Der Autor beschreibt in vielen eher assoziativen Rückblenden das Kennenlernen der Freunde, ihre gemeinsame Schulzeit, Parties und Urlaube, aber auch ihre langsame Entfremdung, als sie nach dem Abitur eigene Wege beschreiten, bis hin zur zarten Liebesgeschichte zur faszinierenden Carolin. Die facettenreich angelegten Figuren wirken mit ihren Ecken und Kanten sehr lebensnah und lebendig und sorgen mit ihren Eigenheiten für so manche Überraschung. Eindrucksvoll ist Roy als ein charismatischer, selbstgefälliger und recht widersprüchlicher Charakter dargestellt, der mit seinem Zynismus, Aggressionspotential und seiner Haltlosigkeit seine Freunde oft verschreckt. Der Sohn aus reichem Hause, dem eigentlich die Welt zu Füßen liegen könnte und sich dennoch als Grenzgänger fühlt und mit dem Leben zu kämpfen hat. Geradezu blass und unsicher wirkt demgegenüber der grundsolide, oft zu zögerliche Marc, der sich häufig im Wege steht und dem es dennoch gelingt, seinen Weg zu gehen, aus der Enge auszubrechen und seinen Traum zu verwirklichen. In verschiedenen Episoden erfahren wir viel über ihre unterschiedlichen Charaktere, Lebenseinstellungen und ihre Suche nach Anerkennung und Liebe. Von Bülow skizziert das Psychogramm zweier interessanter Charaktere und lässt uns hautnah teilhaben an der unglaublich lebendigen Dynamik ihrer Freundschaft mit all ihren Höhen und Tiefen, die dennoch irgendwann in die Brüche geht. So erzählt er über ihre Rivalität, den stetigen Reibungspunkten, den tiefen Vertrauen zueinander, blindem Verstehen, ihrer Symbiose und ihrer gemeinsamen Entwicklung. Zugleich reflektiert Marc aber auch sein eigenes Leben, wird auf seine eigenen schmerzvollen Erfahrungen, Fehlentscheidungen und herben Enttäuschungen zurückgeworfen und muss sich letztlich seinen Ängsten vor Scheitern, Zurückweisung und letztlich dem Sterben stellen. Insgesamt hätte ich mir allerdings gewünscht, dass der Autor seine Geschichte deutlich mehr verdichtet und insbesondere die leider etwas vage bleibende Dreiecks-Geschichte um Caroline früher und mehr auf den Punkt gebracht hätte. Ihre vielversprechende Persönlichkeit und Hintergrundgeschichte wurde leider nur angerissen und blieb mir größtenteils viel zu nebulös. Trotz aller Leichtigkeit im Schreibstil stimmt der Roman mit seinen tiefgründigen Passagen nachdenklich. So beginnt man über das eigene Leben nachzudenken, über leichtfertig vergebene Chancen im Leben und in der Liebe, über ein unerklärliches Auseinanderleben oder auch über kostbare Freundschaften, die aus banalen Gründen zerbrochen sind, - über das, was wirklich zählt.

FAZIT

Ein faszinierender Roman über das Leben und besondere Freundschaften. Schade, dass einige fesselnde Aspekte der Geschichte nicht mehr in den Fokus gerückt wurden!