Rezension

Fesselnde Überseegeschichte

Bergers unverhoffte Reise -

Bergers unverhoffte Reise
von Hans Walker

Bewertet mit 4 Sternen

Wir begleiten in diesem Roman den 22-jährigen Psychologiestudenten Max, möchte eine Auszeit von der Frauenwelt haben und für eine Zeit sich frei und ungebunden fühlen zu dürfen. Da kommt ihm das Angebot ein Jahr lang zwei Kinder in Indonesien zu unterrichten genau richtig. Er zögert nicht lange und nimmt das Angebot seiner Bekannten Anne an und wird deren Kinder in Asien unterrichten. Bereits auf der Überfahrt an Bord des Schiffes "Holsatia" beginnt seine Arbeit als Hauslehrer. Doch schon nach kurzer Zeit merkt Max, dass diese Reise sich wohl zu einem großen Abenteuer entwickeln wird, denn diese wird geprägt sein von den Mitreisenden, ihren Emotionen, Dramen und Geheimnissen. Da ist neben den zwei lebhaften Schülern von Max auch deren Mutter Anne, für die er schon lange mehr als nur freundschaftliche Gefühle empfindet. Da sind der Schweizer Schriftsteller mit Schaffenskrise und ein holländisches Ehepaar, das trotz der Nähe an Bord immer weiter auseinanderdriftet. Da ist vor allem die geheimnisvolle, sehr attraktive Gräfin, von der sich Max gleichzeitig hingezogen und abgestoßen fühlt. Doch im Laufe der vierwöchigen Passage entwickelt sich zwischen ihm und der deutlich älteren Adeligen etwas, das sein Leben für immer verändert ...
 
Die Geschichte spielt in dem Jahr 1970 und handelt von sehr unterschiedlichen und charakterstarken Protogonisten. Max ist die Hauptperson dieses Romans, der junge Student sieht in dieser Auszeit, die Möglichkeit sich frei und unabhängig fühlen zu können und vor allem gefällt ihm die Vorstellung seiner Bekannten Anne nah zu sein. Insgesamt gibt es viele Passagiere und jeder hat mit seinem eigenen Schicksal zu kämpfen. Aus der Erzählperspektive lässt der Autor seine Leser an den persönlichen, emotionalen und schicksalhaften Lebensgeschichten der Mitreisenden teilhaben und kann mit einem fesselnden Schreibstil überzeugen. Im Verlauf der Geschichte wachsen die Passagiere untereinander zusammen und teilen ihre Sorgen und Ängste. Einer der emotionalen Lebensgeschichte wäre die von Julia, bei der unheilbarer Krebs festgestellt wurde und diese ihrem Mann nichts davon verraten hat. Sie begibt sie sich auf ihre letzte Fahrt um nochmal ihren Sohn sehen zu können. Doch neben ihrer Krankheit hat sie auch ein anderes Geheimnis vor ihrem Mann, dass aber nicht mit ins Grab nehmen möchte. Oder die Geschichte des Schriftsteller Leutenbacher, der momentan nicht mit seinem Schreiben weiterkommt, da er in einer depressiven Phase steckt. Dies sind nur zwei der Geschichten, die der Autor in seinen Roman gepackt hat. Die spannendste Geschichte handelt allerdings von der Dreiecksbeziehung von Max und seinen beiden Frauen Anne und Bettina.
 
Das Cover ist in schlichter Farbwahl gehalten und ziert eine Forelle. Zuerst wunderte ich mich über die Wahl dieses Motives und konnte keinen Bedeutung zum Titel und der Inhaltsangabe finden. Auf Seite 49 allerdings wird eine Strophe aus dem Jahre 1792 zitiert, die mir den Bezug zum Cover verschaffte: "Ihr, die ihr noch am Quelle der sichern Jugend weilt, denkt doch an die Forelle; seht ihr Gefahr, so eilt!" Und genau diese Botschaft war Anlass für Bergers unverhoffte Reise. Zuerst dachte ich, die Story werde ich aufgrund der Schriftgröße wohl nicht so schnell gelesen habe und auch die Wortwahl war anfangs nicht leicht. Doch irgendwie gefielt mir im Laufe der Seiten die Art und Weise des Schreibens und die Seiten flogen nur so dahin. Allerdings störten mich manchmal die vielen "steifen" Dialoge, die für mich allerdings eher in die 50ger oder 60ger Jahre gepasst hätten. Mitunter hatte ich auch manchmal das Gefühl, der Autor sprach mit seiner Wortwahl über "Frauen" auch eher männlichen Leser an. So sehr mich das Buch auch gefesselt hat, so bin ich über das Ende doch überrascht gewesen und weiß auch nach den letzten Zeilen nicht, was die Botschaft hinter diesem Roman bzw. Geschichte ist.
 
Mein Fazit: Es war eine Übersee, die mich durchweg gefesselt hat, allerdings hatte ich nach dem Beenden Fragezeichen im Kopf. 4 Sterne.