Rezension

Fesselnder Krimi

Solothurn trägt Schwarz - Christof Gasser

Solothurn trägt Schwarz
von Christof Gasser

Bewertet mit 5 Sternen

An seinem Geburtstag holt der 8jährige Luca das neue Fahrrad aus dem Versteck und fährt die Straße lang, weil es ihm zu lange dauert, bis die Eltern aufstehen. An der Kreuzung übersieht er ein Auto.

Ein Jahr später nimmt der Serbe Petar in Wien eine Frau mit ins Hotelzimmer. Am nächsten Morgen findet man seine Leiche.

Eine Woche danach verlässt in Solothurn in der Schweiz der Journalist Lötscher betrunken eine Bar. Am nächsten Tag wird er schwerverletzt am Ufer der Aare gefunden. Der Fall landet auf dem Tisch von Dominik Dornach.

Der Autor hat einen fesselnden und vielschichtigen Kriminalroman geschrieben. Die Geschichte lässt sich zügig lesen und hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Das lag zum einen anderem angenehmen Schriftstil, zum anderen an den unterschiedlichen Themen, die berührt werden. Erst nach und nach erschließt sich, wie die Themen des Anfangs mit dem gesamten Geschehen zusammenhängen.

Die Personen wurden gut charakterisiert. Dominik Dornach lebt nach seiner Scheidung mit der 18jährigen Tochter Pia zusammen. Geduld gehört nicht zu Pias vorherrschenden Eigenschaften. Dafür hat sie Mut und Zivilcourage. Pias beste Freundin ist Manuela, Tochter der türkischen Ärztin Bürki. Staatsanwältin Casagrande hält ihr Privatleben nicht ohne Grund geheim. Auch die Chefetage der Polizei wird mit passenden Worten gleich auf den ersten Seiten vorgestellt. Die Zusammenarbeit funktioniert ohne Probleme. Da es Befürchtungen gibt, dass eine kriminelle Organisation in Solothun Fuß fassen möchte, wird aus Österreich Major Cranach erwartet. Man nimmt an, dass Lötscher dazu recherchiert hat.

Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Wenn Pia sich mit ihrer Freundin unterhält, dann klingt ein feiner Humor mit an. Pia kann aber auch heftig werden, so in der Auseinandersetzung mit dem Tüken Kemal, der seine Schwester bedroht. Die Gespräche zwischen Pia und ihrem Vater dagegen sind eher sachlich. Ein besonderes Stilmittel sind vier Briefe, die kursiv in die Geschichte eingebunden wurden. Ein Kind schreibt sie an ihre Mutter Vlada. Sie sind berührend und tiefgründig und drücken eine starke Liebe aus. Gleichzeitig spürt man als Leser von der ersten Zeile an, dass die Briefe nach einem einschneidenden Erlebnis geschrieben wurden. Sehr intensiv wird das Thema Organspende diskutiert. Das macht sich notwendig, weil Frau Dr. Bürki, die selbst Organtransplantationen durchführt, bedroht wird. Die Handlungsorte werden ausführlich beschrieben. Ab und an erlaubt mir der Autor Einblicke in die Gedankenwelt von Slavko, dem Chef der Wölfe, auf deren Spur sich Major Cranach begeben hat. Eindrucksvoll wiedergeben werden die Emotionen des Protagonisten. Pias Angst um ihre Freundin, Slavkos Grausamkeit und Menschenverachtung, die Eiseskälte eines nur noch auf Rache sinnenden Vaters sind Beispiele dafür.

Der Autor versteht es, die Spannung immer wieder auf die Spitze zu treiben. Das liegt auch daran, dass unterschiedliche Interessen im Spiel sind. Als Leser muss man häufig umdenken. Gleichzeitig kommt Rettung oft erst in letzter Minute.

Das Cover mit dem Blick auf die Berge im Morgenrot ist für einen Krimi eher ungewöhnlich.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Das lag an den sympathischen Ermittlern, die auch einmal heftige Gefühle zeigen durften, an der geschickten Verquickung unterschiedlicher Motivlagen und an den interessanten Themen, die wie nebenbei berührt wurden.