Rezension

Filmreifes Debüt

Die Stille des Bösen -

Die Stille des Bösen
von Kyle Perry

Bewertet mit 5 Sternen

Die Kleinstadt Limestone Creek ist weit davon entfernt, idyllisch zu sein. Die umgebenden Berge sind pure Wildnis, das Wetter kann sich innerhalb von Sekunden ändern und die Einheimischen wissen unheimliche Geschichten zu erzählen, besonders nachdem in den Achtzigern einige junge Mädchen verschwunden sind. Als sich eine Schulklasse zu einem Ausflug in die Berge aufmacht, sind natürlich auch diese Legenden Thema. Anfangs sieht alles nach einem lustigen Wandertrip aus, aber dieser Eindruck täuscht.

Das Buch erzählt ein relativ bekanntes Motiv. Eine Gruppe Teenager befindet sich auf einem Ausflug, dann verschwinden einige Mitglieder spurlos und die Suche beginnt. Ein Plot, der so, oder so ähnlich sehr beliebt ist im Thrillergenre. Eine Alltagssituation, vermeindliche Idylle und dann passiert es. Jeder von uns kann sicher auf Anhieb ein Buch, oder einen Film mit dieser Ausgangssituation nennen. Der Erfolg der Geschichte liegt nun an den Einzelheiten und Nuancen, mit denen der Autor es schafft sich von den anderen Geschichten abzuheben und den Leser zu fesseln.

Kyle Perry erzählt seine Version zum einen sehr überzeugend durch seine Figuren. Figuren, die polarisieren, die Tiefe haben, teils das sprichwörtliche zweite Gesicht. Figuren, die sich beim erzählen der Geschichte abwechsel und so den Leser immer jeweils an ihrer Sicht, an ihren Erinnerungen, Gedanken und Emotionen teilhaben lassen. Dadurch bekommt die Geschichte eine spannende und fesselnde Dynamik. 

Zentraler Punkt des Buches ist das Verschwinden der Mädchen, relativ schnell nach Beginn der Geschichte. Der Autor lässt den Leser allerdings nicht direkt daran teilhaben, dadurch entsteht die Situation, dass man am selben Punkt ansetzt wie auch die Ermittler. Ich mag diese Konstellation sehr gerne, ermöglicht es doch parallel zur Geschichte, eigene Schlüsse zu ziehen, die dann immer wieder durch neue Erkenntnisse infrage gestellt werden. Bis zum Ende gelingt es dem Autor den Leser zu verwirren und die Spannung hoch zu halten. Dabei arbeitet er hier eher mit subtilen Mitteln, er schafft allein durch düstere Landschaftsbeschreibungen, oder das Einstreuen alter Legenden eine beklemmende Atmosphäre. Nach und nach lässt er Geheimnisse ans Licht kommen, abstoßend und verstörend. Während des ganzen Buches hat man so, ein ungutes Gefühl, kann sich dem Sog der Geschichte aber nicht entziehen.

Kyle Perry hat ein atemberaubendes Debüt geschrieben, das mich in den Grundzügen etwas an die Mini Serie "Picnic at Hanging Rock" erinnert hat, aber auch Elemente des Horrorstreifens "The Forest" enthält. Auch für dieses Buch kann ich mir eine Verfilmung des Stoffes, inklusive etwas zu gut gemeintem Showdown, sehr gut vorstellen. 

Das Buch ist optisch, wie inhaltlich sehr gut gemacht, 490 Seiten aus denen dem Leser die Stille des Bösen buchstäblich entgegenschlägt. In diesem Stil, mit den eingeführten Ermittlerfiguren, darf es meinetwegen gern noch mehr geben.