Rezension

Frostig, eisig, gut erzählt

In der Stille der Polarnacht -

In der Stille der Polarnacht
von Greer Macallister

Bewertet mit 5 Sternen

Eine rein weibliche Expedition in die Arktis im 19. Jahrhundert – ist dies zu abwegig? Greer Macallister hat sich trotz aller Bedenken herangewagt, hat mit „In der Stille der Polarnacht“ einen gut lesbaren Roman vor historischem Hintergrund vorgelegt. Die Franklin-Expedition war die dritte Forschungsreise des britischen Polarforschers Sir John Franklin. Kurz gesagt wollte er die Nordwestpassage kartographisch erfassen und somit den kürzesten Seeweg von Europa nach Asien finden. Die Expedition scheiterte, Lady Jane Franklin entsandte etliche Suchexpeditionen, um das Schicksal ihres Mannes zu ergründen. Lady Franklin war eine Abenteuerin, sie war eine außergewöhnliche Frau und solche gab es auch zu jener Zeit genau so wie es sie heute gibt. So die historischen Tatsachen.

Zunächst hat mir der etwas sperrige Schreibstil nicht so ganz zugesagt, das hat sich aber bald geändert. Denn eins ist gewiss: Es treibt einen weiter, die vielen offenen Fragen wollen alle beantwortet werden. Auch finde ich den steten Wechsel zwischen der Gerichtsverhandlung und der Erzählung, wie es zu dieser Expedition kam, gelungen. Es wird chronologisch nachgezeichnet und zwischendurch werden die einzelnen Frauen proträtiert. Dass Virginia als erfahrene Führerin, die so manche Planwagenzüge sicher über den Pass geleitet hat, ausgewählt wurde, zeugt davon, dass Lady Franklin sie für die Beste hält.

Die Anklageschrift beinhaltet zwei schwerwiegende Vergehen, deren sich Virginia schuldig gemacht haben sollte. Entführung und Mord - sie bekennt sich nicht schuldig.

Das Buch lebt von und mit den Frauen. Angefangen von der geheimnisvollen Lady Franklin, deren Absichten immer nebulöser scheinen, hin zu den Frauen, die jede für sich genommen willensstarke Persönlichkeiten sind bis zum Gericht und zu den Passagen im Gefängnis entwickelt sich die ganze Geschichte um die Arktisreise davor, mittendrin und danach immer mehr zu einem Sog. Die Charaktere sind gut und glaubhaft dargestellt, wenn auch mit einer gewissen Distanz. Die gesellschaftliche Stellung der Frau, das vorherrschende Patriarchat, ist deutlich spürbar.

Rund um die Historie ist der Autorin eine fiktive Reise um dreizehn mutige, charakterlich sehr unterschiedliche Frauen gelungen. Auch wenn ich zunächst eine ganz andere Story erwartet habe, so bin ich mit dieser Reise in die Arktis sehr zufrieden, ich habe mich darauf eingelassen und bin bestens unterhalten worden.