Rezension

Aufbruch ins Ungewisse

In der Stille der Polarnacht -

In der Stille der Polarnacht
von Greer Macallister

Bewertet mit 5 Sternen

Boston Oktober 1854 Virginia Reed steht vor Gericht. Sie soll Caprice Collins auf einer Polarexpedition ermordet haben. Während die Gerichtsverhandlung aus Virginias Sicht geschildert wird, erfährt der Leser in Rückblenden, wie es zu der Expedition kam und was geschehen ist.

Für die damalige Zeit völlig unvorstellbar, dass eine Gruppe von Frauen sich allein auf die Reise in die Antarktis begibt, um  den verschollenen Polarforscher Franklin zu suchen. 13 Frauen, die sich vorher nie begegnet sind, gehen gemeinsam dieses Wagnis ein und  müssen als Team funktionieren, um zu überleben. Zwar werden auch hier die Ereignisse  hauptsächlich von Virginia berichtet, aber auch die anderen Frauen kommen zu Wort. Von Anfang an gibt es eine starke Rivalität zwischen Virginia und der reichen, aus angesehener Familie stammenden Caprice. Nicht alle Frauen kommen zurück, unter ihnen Caprice.

Zu Beginn des Romans war ich kurz versucht, die Lektüre aufzugeben, weil ich mich mit der Gerichtsverhandlung und der eher unbeteiligt wirkenden Virginia nicht wirklich anfreunden konnte. Spätestens als die Rückblenden beginnen, hatte mich die Autorin am Haken.

Zum einen hat mir der Mut  der Frauen imponiert, sich auf ein solches Wagnis einzulassen, zum anderen war ich entsetzt, dass sie sich  in meinen Augen doch etwas naiv und unbedarft in das Abenteuer stürzen. Im Verlaufe der Geschichte wird klar, dass jede der Frauen einen persönlichen Grund hatte, aus der Zivilisation geradezu zu fliehen. Unvorhergesehene Ereignisse verdeutlichen den Charakter der Einzelnen. Ich konnte Virginias Mut und Durchhaltewillen nur bewundern, obwohl sie oft an sich gezweifelt und von Schuldgefühlen bedrängt wurde.

Umso mehr hat mich der Verlauf des Prozesses empört, in dem Virginia als verantwortungslos , unfähig und geltungssüchtig dargestellt wurde, die aus Neid Caprice getötet hat.

Hinzu kommt, dass die Autorin eine Atmosphäre von Hoffnungslosigkeit, Einsamkeit und Mutlosigkeit erschafft. 

Das Ende war eine echte Befreiung und ein Sieg der Freundschaft und Aufrichtigkeit. 

Ich fand die Geschichte absolut lesenswert, auch wenn manchmal die düstere Stimmung kaum auszuhalten war.