Rezension

Frauen kämpfen für ein selbstbestimmtes Leben

In der Stille der Polarnacht -

In der Stille der Polarnacht
von Greer Macallister

Bewertet mit 5 Sternen

Dieses Buch handelt von Frauen, die für ihre Zeit eine unglaubliche Reise machen. Die dreizehn Frauen werden zu einer Expedition in der Arktis aufbrechen. Das war für die damalige Zeit schon sehr außergewöhnlich, denn Frauen gingen nicht auf Expeditionen und schon garnicht bestehend aus einer reinen Frauenmannschaft. Das Thema hat mich fasziniert und ich bin von der Geschichte nicht enttäuscht worden. Obwohl mir die Erzählweise am Anfang nicht so gut gefallen hat, denn die Geschichte der Expedition selber und ihrer Entstehung wird rückblickend erzählt. Und es wird mit der Gerichtsverhandlung gegen Virginia begonnen. Daher war der Ausgang der Expedition eigentlich schon bekannt. Aber im Laufe der Geschichte fand ich die Art und Weise dann doch gut. Wir erfahren die Geschehnisse durch den Rückblick von Virginia, aber die einzelnen Kapitel werden auch aus der Sicht der Frauen erzählt. So erfährt man auch die Geschehnisse aus der Sicht der einzelnen Protagonistinnen und das war sehr interessant. Die Frauen sind alle sehr interessant und bilden eine sehr vielfälltige Mischung an Charaktere ab. Sie kommen aus den verschiedensten sozialen Schichten und haben sehr unterschiedliche Lebensgeschichten aufzuweisen. Ich finde die Mischung sehr gelungen dargestellt. Natürlich sollten die Frauen auch für solch eine Expedition geeignet sein. Aber das kann man nicht von allen sagen. Aber da die Mitglieder fast alle von der Sponsorin ausgesucht wurden, kann man die Gründe für ihre Auswahl nicht unbedingt nachvollziehen. Denn Lady Franklin ist sehr geheimnisvoll, was die Expedition angeht und ihr Verhalten alles andere als klar. Und das wird sich auch bis zum Ende des Buches nicht ändern. Es ist ein Buch über starke Frauen, die sich ihr eigenes Leben aufbauen wollen und versuchen sich von den üblichen Verhaltensweisen für Frauen zu befreien. Virginia ist mir sehr sympathisch und ich bewundere ihren Mut. Sie hat kein einfaches Leben hinter sich, aber sie lässt sich nicht unterkriegen. Man merkt in diesem Buch eben noch die eingeschränkte Freiheit und Gleichheit der Frauen - die Männer bestimmen und Frauen werden kaum als eigenständige und frei handelnde Menschen dargestellt. Auch wenn vorhandenes Vermögen die Möglichkeiten erweitert, müssen sie auch dann noch im Verborgenen agieren. Mir hat einfach gut gefallen, wie die Frauen sich doch durch List und bestimmte Verhaltensweisen ihr Leben nach ihren Vorstellungen weitgehenst einrichten können. Sehr spannend sind natürlich die Schilderungen während der Expedition. Es ist für mich immer wieder faszinierend, mit welcher Ausrüstung die Menschen damals solche Gewaltanstrengungen überhaupt gewagt haben. Alleine die Vorstellung in dieser Kleidung, gerade für Frauen, diese Natur durchqueren zu wollen, ist für mich unfassbar. Aber die Frauen müssen nicht nur gegen die Naturgewalten kämpfen, sondern auch gegen die Männer, die sie zum Start der Expedition bringen sollen. Und das war ja eine sehr feindselige Umgebung, denn die Männer kamen mit solchen mutigen Frauen nicht zurecht. Und als Seefahrer sowieso nicht - Frauen an Bord eines Schiffes waren immer noch nicht gerne gesehen. Die Schilderungen - egal ob die Gerichtsverhandlung oder die Expedition - sind sehr detailreich und man kann sich alles sehr gut vorstellen. Ich habe mit den Frauen gefroren und gezittert - so sehr wird man ins Geschehen gezogen. Die Gerichtsverhandlung hat mich sprachlos gemacht und ich kann Virginia nur bewundern. Es kommt das damalige Verhältnis zwischen den Geschlechtern und die unterschiedlichen Behandlungen dadurch gut zum Vorschein. Frauen haben keinen großen Stellenwert in der damaligen Gesellschaft und das ist für die geschilderten Frauen Alltag. Wir erleben jedenfalls sehr authentisch die Lebenswege der Frauen und besonders natürlich Virginias. Die historischen Fakten sind sehr interessant dargestellt. Manche Dinge werden nur angedeutet und man wird neugierig auf diese historischen Ereignisse gemacht. Mich hat die Lektüre sehr gefesselt - das Leben der Frauen an sich, die Ereignisse um die ganze Expedition, das Gerichtsverfahren und die interessanten Charaktere der Frauen werden alle sehr authentisch geschildert und bringen so eine fesselnde Geschichte rüber. Auch wenn man zwischen den aktuellen Ereignissen und den Rückblicken hin- und herspringt, lässt sich der Text gut und flüssig lesen. Es ist dramatisch und beängstigend, aber mich hat das Ende des Buches überzeugt und mit einem guten Gefühl zurückgelassen. Es war eine spannende Lesezeit und ein aufregender Ausflug, in eine eigentlich noch nicht so lange zurückliegende Zeit und ihren Besonderheiten. Wer Geschichten über starke Frauen und das ganze mit geschichtlichen Hintergründen vermischt mag, ist hier bestens aufgehoben.