Rezension

frustrierend unergiebig

Familie werden - Paar bleiben - Hans Jellouschek, Bettina Jellouschek-Otto

Familie werden - Paar bleiben
von Hans Jellouschek Bettina Jellouschek-Otto

Noch nie hat mich ein Ratgeber so gelangweilt und verärgert.

Zuerst muss ich sagen, dass ich mich auf das Buch gefreut habe, da ich mich gefragt habe, was für Probleme und Lösungen die Autoren anbieten. Aber ganz schnell habe ich mich von dem Buch einfach nur veräppelt gefühlt.
Warum?
Ich erwarte von einem Sachbuch und damit Ratgeber, dass er mich an die Hand nimmt, mir Lösungsvorschläge anbietet. Eine Herangehensweise ausarbeitet mit der ich praktisch arbeiten kann. Fett gedruckte Merksätze, Kästen, in denen wissenswertes klar abgesetzt ist und zum schnellen Wiederauffinden und Nachlesen gereicht.

Aber hier wird nur theoretisch geplaudert und das über Dinge die selbstverständlich sein sollten in einer Beziehung.

Dann wird ein Paar (ein Paar für das ganze Buch?) als Fallbeispiel hergenommen, mit der Erläuterung, dass noch oft auf dieses Paar verwiesen wird, aber weder wird dieses Paar zu allen Themen herangezogen, noch gibt es konkrete Lösungsvorschläge für die aufgezeigten Probleme.

Wenn ich der Autorenmeinung nach mehr über die zuvor angerissene Problematik erfahren möchte wird auf „hervorragende Literatur“ verwiesen. Oder ich soll mich im Internet schlau machen, Kurse belegen oder gar eine Paartherapie machen. Entschuldigung, aber warum gibt es dann dieses Buch, wenn es mir nicht erklären MÖCHTE was in konkreten Situationen praktisch anwenden, also zur Situationsverbesserung MACHEN kann.

Auf seite 69 unten wird dann gesagt man solle sich nicht durch die Fülle der unterschiedlichsten Anweisungen in Internet, Fernsehen, in der Literatur oder bei Kursen verrückt machen. Man soll seinen eigenen Weg finden.
Das wiederspricht sich doch zum vorher gesagten! So etwas regt mich auf.

Auf Seite 158 gibt es wieder so einen Satz der mich um Fassung ringen lässt. „“Konkret gesprochen (Freilich hier lediglich angedeutet)…“ Ja was denn nun? Konkret gesprochen und erklärt oder doch wieder nur das Thema angekratzt und dann weiter zum nächsten theoretischen Geschwafel.
Ich habe das Gefühl die Autoren haben wenig eigenes Wissen zum Besten gegeben. Oft werden andere Autoren zitiert. S. 64“ Das ist das Resumee einer Beziehungsforscherin – dem haben wir nichts mehr hinzuzufügen!“ (Ja wie jetzt… warum denn nicht? )

Auf den ersten fast 70 Seiten geht es übrigens überhaupt nicht um ein Paar als Eltern, sondern um Mann und Frau vor der Entscheidung Kind. Warum sich viele entscheiden kein Kind in die Welt zu setzen. Die Welt ist ja so schlecht und das Geld fehlt und überhaupt…. Es sind einfach nur Feststellungen, die allen Menschen bekannt sind.

Das Buch wiederholt sich mantra artig, wie ich es bei Sachbüchern einfach nicht mag.Die moderne Gesellschaft wird ebenso erklärt, wie die altmodische Rollenverteilung und was für Menschen  (man staune: Paare/Mann/Frau/Mutter/Vater!) es gibt. Diese werden in ganzen Abschnitten beschrieben… was überhaupt nichts zur Sache beiträgt.
Ich möchte auch nicht lesen wie die gesellschaftliche Rollenverteilung von Vater und Mutter sind. Wie überholt das alles ist und dass die moderne Gesellschaft viel mehr Möglichkeiten gibt, wie man sein Kind erziehen kann und wer nun arbeitet oder wer zuhause bleibt.

Zusammengefasstes Fazit der Autoren: Man soll offen Reden, Dinge schon vor der Geburt deutlich ansprechen. Kompromisse aushandeln, dem anderen Freiheiten lassen und sich selbst auch Freiheiten zugestehen. Den anderen nicht Anklagen, sondern zu verstehen versuchen. Eine gesunde Mischung aus Distanz und Nähe zum anderen finden. (Für diese Erkenntnisse brauche ich keine 172 Seiten zu beschriften. Es tut mir leid.)

Man muss also reden, die Dinge offen ansprechen. Aber gerade die Leute bleiben mit diesem Buch auf der (Beratungs)strecke, die Probleme damit haben offen ihre Gefühle mitzuteilen. Für diese Menschen gibt es keine ordentliche Anleitung wie man ein Gespräch einleiten oder führen kann.

Fazit:
Das Buch bleibt flach an der Oberfläche und geht überhaupt nicht in die Tiefe.
Auf die spezielle Paarproblematik „Wie bleibe ich Paar“ wird meines Erachtens nicht intensiv eingegangen. Bzw. es werden keine Lösungsvorschläge angeboten, nur theoretisches Wissen warum was wie ist und wie man was ändern kann. Leider ohne praktische Hilfsmaßnahmen aufzuzeigen.
Da mag man durch pures Lesen etwas für sich draus ziehen, aber ohne konkrete Anleitung schaffen es viele Paare vielleicht nicht einfach den Ist-Zustand zu ändern.

Ich möchte dem Buch nicht absprechen, dass es bei anderen Lesern einen Aha-Effekt gibt, der sie ihre Lage besser verstehen lässt. Ein Buch "Hilfe zur Selbsthilfe" ist es für mich aber definitiv nicht und wirklich Neues erfahre ICH zumindest nicht.