Rezension

Gerade noch 3 Sterne: Starker Beginn, aber dann leider langatmig, unlogisch und oberflächlich!

Allein durch die Sterne -

Allein durch die Sterne
von Nika S. Daveron

~ Nach einem starken, stimmungsvollen Beginn folgen leider Spannungseinbrüche, Oberflächlichkeit, Logiklöcher, zu viele glückliche Zufälle und eine Liebesgeschichte, die mich nicht überzeugen konnte. Es gab einige gute Ansätze und gelungene Momente und ich mochte den Schreibstil und die Tierliebe, insgesamt habe ich mir aber von dieser Dystopie in vielen Bereichen (Figurenzeichnung, Spannung, Plot, Tiefe) einfach mehr erhofft! Eventuell könnte das Buch etwas für Jugendliche sein (auch für sie gibt es allerdings bessere Dystopien dort draußen), eine klare Leseempfehlung gibt es von mir dieses Mal aber nicht. ~

Inhalt

Eben war der Sportverein noch voller Geplauder, Lachen und Leben, doch plötzlich ist es still. Die Menschheit ist verschwunden, Ariadne bleibt alleine in Lille, Frankreich, zurück. Jetzt hat sie nur noch ihre Katze. In ihrer Verzweiflung postet Ariadne jeden Tag kurze Beiträge auf Instagram und Twitter. Eines Tages erhält sie eine Antwort – von einem jungen Mann, der in Shanghai lebt, Tausende Kilometer von ihr entfernt…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: mittel

Tiere im Buch: +/- Im Buch werden Tiere verletzt und sie sterben, viele davon in ihren Käfigen / Ställen, nachdem die Menschheit verschwunden ist (keine Beschreibungen des Todes, aber die Leichen werden beschrieben). Dafür kümmert sich die Protagonistin liebevoll um ihre Haustiere und rettet so viele eingesperrte Tiere wie möglich.
Triggerwarnung: Tod von Tieren, Trauer
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Tussi, Weib

Warum dieses Buch?

Tatsächlich habe ich mir vor der Lektüre dieser Dystopie weder Rezensionen noch die Leseprobe angeschaut, sondern das Buch nur aufgrund des interessanten Klappentexts ausgewählt.
 

Kurzrezension
 

Das mochte ich…

+ den angenehmen, flüssigen, locker-leichten Schreibstil, der perfekt für die Zielgruppe geeignet ist.
+ den Beginn, den ich sehr stark geschrieben fand.
+ die Grundidee, die zwar nicht innovativ, aber doch interessant ist.
+ den liebevollen, verantwortungsbewussten Umgang der Protagonistin mit ihren Tieren und ihre Rettungsversuche. Ich hätte genau gleich gehandelt!
+ den Feminismus. Die Protagonistin kritisiert und spricht Sexismus und veraltete Rollenvorstellungen immer wieder an. Ein paar Rollenklischees und problematische Formulierungen (z. B. „n+ttiges Rotkäppchen“) gibt es dennoch, dafür ziehe ich einen Punkt in diesem Bereich ab.

„Und dann fiel mir die eigentümliche Stille auf, die über der Stadt lag. Niemand war da.“ E-Book, Position 127
 

Das lässt mich zwiegespalten zurück…

~ der Spannungseinbruch im Mittelteil. Das Buch beginnt spannend und interessant mit dem Verschwinden der Menschheit. An diesem Punkt ist man natürlich neugierig, wie die Protagonistin damit umgeht. Gleich danach gibt es allerdings eine ziemlich lange, langatmige Durststrecke, während der nicht viel passiert.
~ die Oberflächlichkeit. Ja, mir ist bewusst, dass es sich hier um ein Jugendbuch handelt, trotzdem habe ich mir etwas mehr Tiefe bei der Behandlung von Themen wie Selbstfindung, Überleben, Freundschaft, Einsamkeit und Emanzipation vom Einfluss der Eltern erhofft. Gegen Ende wird es dann kurz etwas tiefgründiger und emotionaler (dieser Teil hat mich auch berührt), doch insgesamt wurde mir die Geschichte einfach zu oberflächlich abgehandelt.
~ die ausgelassenen Worte und vereinzelten Fehler, die ich zwar nicht so schlimm fand, die andere Leser·innen aber stören könnten.
~ die zwar sympathische, aber etwas blass bleibende Protagonistin. Hier hätte ich mir mehr Ecken und Kanten – einfach mehr Persönlichkeit – gewünscht, dann hätte ich bestimmt auch besser mit ihr mitfühlen und mitleiden können.

„Was, wenn ich krank wurde? Oder Katze? Oder Tobi? Was sollte ich dann tun? [...] Verdrängen. Schnell verdrängen.“ E-Book, Position 683
 

Das hat mir nicht gefallen:

- die unangenehme Liebesgeschichte. Dazu kam, dass ich den Love Interest irgendwie unsympathisch fand und mit ihm überhaupt nicht auf einer Wellenlänge war. Die Lovestory entwickelt sich eigentlich recht langsam, trotzdem ging mir alles viel zu schnell – wahrscheinlich, weil ich den Humor der beiden, ihr Flirten und ihre Gefühlsbekundungen eher „cringe“ fand als romantisch und ihre Liebe überhaupt nicht „gefühlt“ habe.
- die Atmosphäre. Vor allem den Beginn, dieses plötzliche Verschwinden der Menschheit und Ariadnes Leben in einer leeren Welt, fand ich stark und stimmungsvoll beschrieben, aber danach hätte ich mir oft mehr Details und Beschreibungen (besonders was die Städte in den verschiedenen Ländern betrifft) gewünscht. Mehr wäre in diesem Fall tatsächlich auch mehr gewesen!
- das unverschämte Glück, das nicht immer nachvollziehbare Verhalten der Figuren und die Logiklöcher. Generell hatte ich das Gefühl, dass die Protagonistin ein bisschen zu viel Glück auf ihrer Reise hatte, dass alles ein bisschen zu sehr am Schnürchen lief. Die Protagonistin braucht ein Motorrad? Wie praktisch, im nächsten Haus steht perfekte Gefährt! Außerdem kommt sie extrem schnell und problemlos voran, bringt pro Tag teilweise Hunderte von Kilometern hinter sich. Aus meiner Sicht war das alles etwas unglaubwürdig. Das Verhalten der Figuren konnte ich auch nicht immer nachvollziehen. Feuer legen in der Stadt, in der man wohnt? Vermutlich nicht ganz so eine gute Idee in einer Welt ohne Feuerwehr! Ein paar große Logiklöcher sind mir auch aufgefallen: Zum Beispiel sprießen bereits wenige Wochen oder Monate nach dem Verschwinden der Menschheit Blumen und Gras aus den Motorhauben verlassener Autos, aber Strom, Wasserleitungen, Handyempfang und Internet funktionieren immer noch einwandfrei (zumindest meistens), obwohl nichts mehr davon gewartet wird? Ich bezweifle es!
- den Mangel an Erklärungen. Für die mysteriösen Vorkommnisse gibt es keinerlei Erklärungen (die Figuren rätseln selbst auch eher halbherzig herum) und die lieblos wirkende Auflösung am Ende konnte mich leider gar nicht überzeugen. Da hat es sich jemand aber sehr einfach – um nicht zu sagen ZU einfach – gemacht!

„Irgendwelchen Macho-Scheiß kannst du dir sparen. Ich fahre dir entgegen. Ob es dir passt oder nicht. Ich bin doch kein hilfloses Frauchen.“ E-Book Position 877
 

Mein Fazit

Nach einem starken, stimmungsvollen Beginn folgen leider Spannungseinbrüche, Oberflächlichkeit, Logiklöcher, zu viele glückliche Zufälle und eine Liebesgeschichte, die mich nicht überzeugen konnte. Es gab einige gute Ansätze und gelungene Momente und ich mochte den Schreibstil und die Tierliebe, insgesamt habe ich mir aber von dieser Dystopie in vielen Bereichen (Figurenzeichnung, Spannung, Plot, Tiefe) einfach mehr erhofft! Eventuell könnte das Buch etwas für Jugendliche sein (auch für sie gibt es allerdings bessere Dystopien dort draußen), eine klare Leseempfehlung gibt es von mir dieses Mal aber nicht.

Bewertung

Idee: 4 Lilien
Inhalt, Themen, Botschaft: 3 Lilien
Tiefe: 2 Lilien
Umsetzung: 3 Lilien
Worldbuilding: 2 Lilien
Einstieg: 5 Lilien
Ende: 3 Lilien
Schreibstil: 4 Lilien
Figuren: 3 Lilien
Spannung: 2 Lilien
Tempo: 3 Lilien
Wendungen: 3 Lilien
Atmosphäre: 2 Lilien
Emotionale Involviertheit: 3 Lilien
Feministischer Blickwinkel: 4 Lilien
Einzigartigkeit: 3 Lilien

Insgesamt:

❀❀❀ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir knappe 3 Lilien!