Rezension

Gesellschaftskritischer Krimi im Allgäu

Winterstarre - Joachim Rangnick

Winterstarre
von Joachim Rangnick

Bewertet mit 4 Sternen

Die „Krimis“ von Herrn Rangnick sind keine klassischen Krimis. Statt eines ermittelnden Kriminalbeamten ist die Hauptperson der investigativ Journalist Robert Walcher – und Hauptperson ist zeitweise wirklich übertrieben, denn im ersten Teil des Buches ist Walcher alles andere als die Hauptperson. Doch nicht alle seine Romane sind so gestrickt. Rückwirkend betrachtet ist wirklich jeder drei bisher bei List erschienenen Bücher für sich gesehen anders. Dies finde ich sehr erfrischend: Im Prinzip weiß man, was man bekommt. Eine umfangreich gestaltete Kriminalgeschichte um Walcher im beschaulichen Allgäu mit Alpenpanorama. Und doch kommt alles ganz anders.
Im ersten Teil des Buches erlebt der Leser sozusagen die Vorgeschichte mit um dann im zweiten Teil der Sache mit Walcher auf den Grund zu gehen. So etwas habe ich bisher noch nicht gelesen, vor allem, da der zweite Teil erst auf Seite 191 beginnt. Nach einer so langen Vorgeschichte muss der Leser doch alles wissen – so dachte ich zunächst, doch weit gefehlt. Die Geschichte ist so komplex, dass eine solch ausufernde Vorgeschichte sinnvoll ist und auch aufgrund des Charmes, den er versprüht (eingeschneite Berglandschaftsidylle vs. Kriminalität) sehr schön zu lesen.
Rangnick hat sich hier wieder einmal eine sehr vielschichtige Geschichte ausgedacht, die, wie er im Nachwort selbst sagt, zwar Fiktion ist, doch genauso gut grausame Realität sein könnte. Diesen politischen Spiegel, den der Autor uns vorhält, schätze ich an seinen Büchern sehr. Sie sind nicht einfach inhaltlich flach, sondern tiefgründig und gesellschaftskritisch. Leider schafft er es dadurch nicht immer einen durchgehenden Spannungsbogen zu kreieren. Dennoch reißt gerade diese Geschichte mit.
Ich persönlich liebe es Romane aus meiner liebsten Urlaubsregion zu lesen und nebenbei die Wanderkarte auszubreiten und Orte zu suchen und Wege nachzuvollziehen. Hier wurde vom Autor natürlich wieder einiges angepasst, dennoch finde ich gerade diesen Teil wirklich sehr gelungen. Rangnick fällt durch seine kritischen Romane und Walcher jedenfalls aus dem typischen Allgäu-Krimi-Schema heraus und bietet somit eine gelungene Abwechslung.

Fazit: Winterstarre ist ein gesellschaftskritischer Roman mit einer opulent gestalteten Geschichte, die wirklich aus dem Leben gegriffen scheint. Leider leidet unter der Zweiteilung der Spannungsbogen etwas, dennoch finde ich Winterstarre wirklich gelungen. Ein starker Krimi im wunderschönen Allgäu.