Rezension

Glänzende Unterhaltung, viel Situationskomik

Flitterwochen - Anne Hertz

Flitterwochen
von Anne Hertz

Bewertet mit 5 Sternen

Ein Lacher nach dem anderen ...

Autorinnen:
„Anne Hertz“ ist das Pseudonym, unter dem die beiden Schwestern Wiebke Lorenz und Frauke Scheunemann seit einigen Jahren äußerst beliebte ChickLit-Romane veröffentlichen.

Wiebke, 1972 in Düsseldorf geboren, absolvierte nach dem Studium der Anglistik, Germanistik und Medienwissenschaften in Trier ein Studium zur Drehbuch-Autorin an der Internationalen Filmschule in Köln. Bereits seit Ende der 90er Jahre sind einige tolle Frauen-Romane unter ihrem eigenen Namen, aber auch unter dem Pseudonym „Jana Sonntag“ erschienen. Seit einigen Jahren veröffentlicht sie auch sehr erfolgreiche Psycho-Thriller. Neben ihrer Tätigkeit als Autorin war und ist sie für diverse Frauen-Zeitschriften journalistisch – u. a. als Redakteurin und Kolumnistin – tätig. Sie lebt in Hamburg und ist Mutter einer kleinen Tochter.

Frauke wurde 1969 ebenfalls in Düsseldorf geboren. Sie studierte Jura (mit Promotion), arbeitete nach einem Volontariat beim NDR als Pressesprecherin aber auch als Journalistin und später als Referentin bei der Hamburger Kultur- sowie der Wissenschaftsbehörde. Als Autorin begeisterte sie bisher mit der bald vier Bände umfassenden zauberhaften Reihe um den putzigen Dackel Herkules. Sie ist verheiratet, Mutter von vier Kindern und lebt ebenfalls in Hamburg.

Handlung:
Die Grundschullehrerin Tine will auf dem Weg in die Osterferien, in denen sie ihren Freund Alexander auf den Seychellen heiraten will, nur noch kurz die Devisen für die Reise bei der Bank abholen. Durch ein unglückliches Missverständnis wird sie jedoch für eine Bankräuberin gehalten und befindet sich plötzlich mit der senilen Oma Strelow, deren frisch abgehobenen Ersparnissen, einer Urne und dem jungen, polnischen Betreuer Jan auf der Flucht Richtung Polen. Oma Strelow hat nämlich nur noch einen Wunsch: Die Asche ihres geliebten Ehemannes Heinzi in der Ostsee in ihrer ehemaligen Heimat Kolberg (ehemals Pommern) zu verstreuen. Für Tine beginnt das Abenteuer ihres Lebens und das Missverständnis mit dem Bankraub soll nicht das Einzige bleiben  [;-)]  …

Fazit:
Zuerst die „nackten Fakten“: Erschienen bei Knaur am 01.03.2013, Softcover, 14,99 €, 320 Seiten – wovon allerdings 12 Seiten komplett unbedruckt sind, weil jedes Kapitel auf der rechten Seite beginnt, was zwar optisch mehr her macht, aber auch etwas über die Quantität hinwegtäuscht zumal der Schriftgrad auch eher groß gewählt ist, die Seiten recht dick sind und locker bedruckt. Dies tut dem Lese-Spaß aber natürlich keinen Abbruch :-).

Das Cover-Design ist den Vorgängern angepasst und sowohl hinsichtlich Farbwahl als auch Gestaltung wie immer sehr ansprechend gelungen und der Bezug zur Story hergestellt.
Die Veröffentlichung war eigentlich bereits für den Herbst 2012 angekündigt, was sich dann aber leider verzögert hat, aber umso mehr die Vorfreude steigerte.
Dieses Buch ist im Vergleich zu seinen Vorgängern eher ungewöhnlich, weil dieses Mal nicht die Romantik im Vordergrund steht, sondern eher der Humor und man wirklich oft lachen muss. Meiner Meinung nach genau deshalb das beste Anne Hertz-Buch überhaupt :-). Und natürlich im üblichen flotten Schreibstil mit viel Wortwitz.
Kurz nach dem Erscheinungstermin sind bei amazon.de einige negative Rezensionen publiziert worden, von denen mehr als eine das Adjektiv „unrealistisch“ in Bezug auf die Story trägt. Aber ist das eigentlich nicht genau der Grund, warum wir Bücher lesen?! Eben weil wir uns doch täglich in der Realität befinden und mit einem Buch abtauchen können in herrlich unrealistische Geschichten, wie sie uns selbst wahrscheinlich im Leben nie passieren, die uns ablenken und in andere Welten entführen?! Fantasy-Romane, Thriller usw. sind ebenso unrealistisch und trotzdem liest man sie, weil sich gerne von diesen Welten fangen lässt :-). Und hier ist es dieses Mal eben eine herrlich klamauk-artige Story mit einer gesunden Prise Romantik.

Der erste Lacher folgt dann gleich bei der Namenswahl der Hauptprotagonistin: Tine Samstag, Grundschullehrerin. Direkt kommt einem hierbei das Buch „Chill mal, Frau Freitag – Aus dem Alltag einer unerschrockenen Lehrerin“ in den Sinn. Diese Assoziation ist bestimmt nicht ganz unbeabsichtigt  [;-)]  …

Wie in allen Anne Hertz-Romanen kann man die Geschichte von der 1. Seite an mitleben – was nicht zuletzt an der plastischen Beschreibung von Mitwirkenden und Handlungsorten liegt. Anne Hertz haben durch ihre gemeinsame Arbeit (4 Augen sehen mehr als 2) das Schreiben von ChickLit-Romanen geradezu perfektioniert.
Man hat durch die detaillierten Beschreibungen ein genaues Bild von jedem Mitwirkenden vor Augen und die Beschreibungen der polnischen Seebäder Kolberg und Misdroy gleichen einer virtuellen Stadtführung, die Interesse weckt, sich die beiden Orte auf jeden Fall einmal live ansehen zu wollen.

Neben Romantik und Humor haben in diesem Buch aber auch ernste Themen wie Demenz und deutsch-polnische Völkerverständigung einen Platz gefunden, auch wenn Jan’s polnische Großfamilie ein wenig klischeehaft dargestellt ist. Die Demenz-Ausfälle von Oma Strelow sind sehr realistisch beschrieben. Jeder, der schon mal mit Demenz-Patienten zu tun hatte, weiß, dass man im Umgang mit Betroffenen gerade am Anfang zwischen Schmunzeln, Unglauben und tiefer Betroffenheit schwankt und schon gar nicht darauf beharren darf, dass der Demenz-Patient Unrecht hat …

Ich habe mich mit diesem Buch glänzend unterhalten gefühlt, für mich bisher das witzigste aller Anne Hertz-Bücher! Eine himmlische Verwechslungskomödie mit einer Moral und mit viel Situationskomik, die absolut das Zeug zur Verfilmung hat – das Kopfkino für diese spritzige Lektüre hat auf jeden Fall schon mal bestens funktioniert – mal sehen, ob das jemand filmisch ebenso gut umsetzen kann  [;-)]  …
Danke für so viel Lesespaß und so viele Lacher!!!  Von mir gibt es 5 von 5 möglichen Punkten dafür  [:-)]