Rezension

Grandioses Meisterwerk!!!

Hard-Boiled Wonderland und das Ende der Welt - Haruki Murakami

Hard-Boiled Wonderland und das Ende der Welt
von Haruki Murakami

Bewertet mit 5 Sternen

Bei Klappentexten, Rezensionen etc. nerven mich nicht selten die inflationär häufig benutzten Superlative. Aber bei diesem Buch muss ich einfach selbst die ultimative Lobhudelei anstimmen: dieses Buch liebe ich!

So ein spannendes Buch habe ich von Murakami noch nicht gelesen! "Hard-Boiled Wonderland und das Ende der Welt" ist ein großartiger Abenteuerroman, mit Sicherheit auch ein Fantasyroman, ein Roman über den Alltag, die Liebe und den Tod.

Worum geht es?

Es gibt zwei Welten in diesem Buch, die sich kapitelweise abwechseln. Einmal „Hard-boiled-Wonderland“, eine, wie es im Klappentext so schön heißt, „ferne Gegenwart“. Die Welt hier funktioniert fast wie unsere, nur gibt es da so ein paar klitzekleine Abweichungen...

Und dann gibt es „Das Ende der Welt“, eine Welt, in die Kafka selbst wahrscheinlich direkt einziehen (und eine Wohngemeinschaft mit Borges gründen) wollen würde. Hier gibt es eine abgeschottete, scheinbar perfekte Stadt über die ein Torwächter wacht. Vor den Stadtmauern grasen Einhörner. In der Stadt leben die Menschen absolut harmonisch zusammen. Nur: sie haben keine Seelen mehr. Sie dürfen diese Stadt niemals verlassen. Hass gibt es hier nicht, aber die Liebe ist den Bewohnern völlig unbekannt. Auch Musik gibt es hier nicht.

Der namenlose Ich-Erzähler ist in beiden Welten heimisch. In „Hard-boiled-Wonderland“ ist er eine Art Informatiker, nur dass sein Gehirn umprogrammiert wurde. Hier gibt es einen genialen, verrückten Wissenschaftler der unseren Helden in eine unheilvolle Geschichte verstrickt.

In „Das Ende der Welt“ ist unser Held der „Traumleser“. Jeden Abend muss er in einer geheimnisvollen Bibliothek die sehr kräftezehrende und unwirkliche Aufgabe übernehmen, aus den Schädeln toter Einhörner die darin abgefüllten Träume toter Menschen zu lesen.

Das klingt vielleicht etwas verwirrend und abgefahren. Aber in diesem Buch spielt (wie sollte es sonst bei Murakami sein?) auch der Alltag eine große Rolle: es wird viel gekocht und gegessen, auch die intimsten Gedanken und Begebenheiten des Ich-Erzählers (oder der Ich-Erzähler?) durchlebt der Leser hautnah mit.

Der Klappentext teilt einem mit, dass dieser früher Roman ein Schlüssel für das Verständnis anderer Murakami-Werke darstellt: und das stimmt absolut. Das fast 30 Jahre später entstandene Meisterwerk Murakamis „1Q84“ ist hier ebenso allgegenwärtig wie auch „Tanz mit dem Schafsmann“ oder „Kafka am Strand“. Das Thema des Todes ist wie in dem, wie ich mittlerweile finde, grandiosen Roman „Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki“ allgegenwärtig.

Zudem erinnert mich dieser Roman auch an die Filmwelten von Miyazaki, der mit „Chihiros Reise ins Zauberland“ einen meiner persönlichen Lieblingsfilme geschaffen hat. Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ ist ja unübersehbar in beiden Fällen ein wichtiger Bezugspunkt.

Auch „Inception“, „Vergiss mein nicht“, „Matrix“ oder „Being John Malkovic“ (allesamt Filme über das Unterbewusstsein und das Träumen) sind nicht weit entfernt. Unglaublich, dass das Buch schon 1985 veröffentlicht wurde! Es ist absolut auf der Höhe unserer Zeit.

Und ganz ehrlich: spannender habe ich Murakami noch nicht erlebt! Hier durchwandert man unterirdische, düstere Labyrinthe, verfolgt von mysteriösen, grausamen Wesen, den „Finsterlingen“.

Ich möchte mich entschuldigen, da mich Superlative ja eigentlich echt nerven. Aber dieses Buch ist einfach so verdammt großartig, so was von spannend und bewegend, ich kann einfach nicht anders:

dieses Buch ist ein Meisterwerk!

Nicht mehr und nicht weniger...

Und abschließend, da dieses Stück so wichtig ist in diesem Buch (und in der Logik des Buches für die gesamte Welt): der unglaubliche Keith Jarrett mit „Danny Boy“:

http://www.youtube.com/watch?v=9TCJf_xzWOI

Kommentare

Sonja Fleischer kommentierte am 27. März 2014 um 21:25

Hey, ich fand diesen Murakami etwas zu abgedreht. Allerdings war das auch erst mein zweiter und vielleicht muss ich ihn einfach noch einmal lesen, jetzt wo ich mich schon ein wenig mehr ins Murakami-Universum eingelesen habe.

Anna K. kommentierte am 16. Oktober 2015 um 11:57

Tolle Rezension :-)