Rezension

Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen

Half Bad - Das Dunkle in mir
von Sally Green

Bewertet mit 4.5 Sternen

Hinter der Fassade des normalen Lebens gibt es die Hexen. Hierbei wird strikt zwischen den schwarzen und weißen Hexen unterschieden. Doch Nathan ist besonders, denn er ist halb schwarz. Doch das akzeptiert der Rat nicht - und so sieht sich Nathan seit seiner Kindheit den Schikanen des Rates ausgesetzt, bis er schließlich gefangen genommen wird ...

 

Das Buch ist definitiv anders. Sowohl vom Schreibstil als auch von der Handlung her.

Auf den ersten paar Seiten lernen wir Nathans Leben als Gefangener kennen. Dann gibt es einen Sprung in die Vergangenheit, in der Nathans Kindheit und die Entwicklungen bis hin zu der Gefangennahme geschildert werden und in der wir Nathan kennen lernen. Das wirkte jedoch nie langweilig oder langatmig, denn es vermittelte wichtiges Hintergrundwissen und war spannend zu lesen. Dann springen wir wieder zurück in die Gegenwart.

Das Buch ist konstant sehr spannend und sehr fesselnd, sodass es sich problemlos in einem Zug durchlesen lässt.

 

Der Schreibstil war irgendwie anders und ich kann auch nicht direkt definieren, was anders ist. Die Sätze sind oft eher einfach. Die Atmosphäre ist düster, da Nathans Leben nie von Gutem dominiert wird, dennoch schwingt immer ein wenig Humor mit.

Ich hatte das Gefühl, in Nathans Kopf stecken. Er denkt relativ analytisch und erzählt die Geschichte aus der Ich-Sicht ein wenig distanziert, dennoch werden seine Gedanken gut vermittelt und man kann mit ihm mitfühlen. Denn seine Kindheit war absolut nicht einfach.

Nathans innerer Zwiespalt zwischen dem Guten und dem Bösen in ihm wird nachvollziehbar und authentisch dargestellt und zeigt sich auch immer wieder in seinem Verhalten. Eigentlich hat er ein gutes Herz und ist intelligent, aber er wirkt oft kalt und reagiert manchmal auch jähzornig. Auf jeden Fall ist er ein sehr individueller Charakter, der eigenständig und zielstrebig handelt.

Zwischendurch werden kurze Episoden von Nathan aus der Du-Sicht erzählt. Diese Erzählperspektive ist mir persönlich noch nie begegnet und sie bot eine interessante Abwechslung, da man sich als Leser stärker angesprochen fühlt. Dabei stellt diese Perspektive aber eine Ausnahme dar, sodass es nie zu viel des Guten wurde.

 

 

Das Buch wird manchmal als brutal bezeichnet. Mir ist keine unnormale Brutalität aufgefallen, aber das Buch ist in der Hinsicht schon ziemlich ehrlich, sodass man als Leser schon Blut sehen können sollte (im Kopfkino, versteht sich).

 

Im Vordergrund des Buches steht der Konflikt zwischen Schwarz und Weiß, zwischen Böse und Gut. Dies zeichnet sich vor allem durch Nathans inneren Konflikt aus, aber auch in seinen Beziehungen zu anderen. Die Grenzen verschwimmen, denn dem Leser wird schnell klar, dass der weiße Rat nicht so gut ist, wie man es erwarten würde. Außerdem stellt sich Nathan in seinen Tagträumen manchmal vor, dass sein Vater trotz all seiner schrecklichen Taten nicht so böse ist, wie überall beschrieben. Dabei wirken diese Tagträume nie naiv, denn sie stellen auch Nathans Konflikt dar. Mal träumt er davon, einen richtigen Vater zu haben, mal hasst er seinen Vater Marcus geradezu.

Prinzipiell stellt Marcus einen faszinierenden Charakter da und ich hoffe, in den Folgebänden noch mehr über ihn zu erfahren.

 

Des Weiteren bin ich gespannt auf Nathans weitere Entwicklung, denn bereits in diesem Buch entwickelt er sich stark.

Auch die Nebencharaktere sind interessant. Nathans weiße Halbgeschwister, von denen seine ältere Schwester ihn hasst und sein Bruder auf das Gute in ihm vertraut, aber auch Celia, die undurchschaubar bleibt oder Charaktere, die erst am Ende auftauchen. Auch hier verschwimmen die Grenzen zwischen Gut und Böse, Schwarz und Weiß stark.

Das Buch endet einigermaßen abgeschlossen, aber es bleiben einige Fragen offen und ich freue mich schon auf die Fortsetzung.

 

Fazit: Ein spannendes, fesselndes Buch, das anders ist als andere Bücher seines Genres und in dem der innere Konflikt des Protagonisten im Vordergrund steht und in dem die Grenzen zwischen Gut und Böse verwischt werden.