Rezension

Gut, aber nicht so gut wie von Arno Strobel gewohnt

Der Trip – Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand. -

Der Trip – Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand.
von Arno Strobel

Bewertet mit 3 Sternen

Ein Wildunfall. Fabian und Isabell sind mit ihrem Wohnwagen in Frankreich unterwegs, als es plötzlich knallt. Ein Reh ist ihnen ins Auto gelaufen. Fabian setzt einen Notruf ab, hat allerdings große Verständigungsschwierigkeiten und die wenigen Autos, die vorbeifahren, halten nicht an. Wie aus den Nichts hält ein Abschleppwagen und auch, wenn die Kommunikation nicht recht klappen will, so ist ihre Notlage eindeutig. Ihr Wohnwagen wird verladen, sie fahren mit diesem Fremden durch die Nacht – es war vor zwei Jahren.

Zurück im Heute wird die forensische Psychologin Evelyn Jancke von der Oldenburger Polizei um Mithilfe gebeten. Im norddeutschen Raum tötet ein Unbekannter scheinbar wahllos Menschen auf äußerst brutale Weise, alle Opfer waren auf Campingplätzen unterwegs. Die SoKo Camping ermittelt, zu der auch Kriminalhauptkommissar Gerhard Tillmann gehört.

Evelyn ist eine brillante Psychologin und doch macht ihr das Verschwinden ihres Bruders Fabian auch nach zwei Jahren noch sehr zu schaffen. Sie ist eine Suchende, hat Albträume, rettet sich in kurze Abenteuer und in Alkohol. Die Beziehung zu Gerhard, dem Kommissar, hat sie schon länger beendet, geblieben ist dennoch eine innige Freundschaft. Er unterstützt sie nach Kräften, ist ihr in jeder Hinsicht ein Freund. Auch dann, als sie ihn bittet, mysteriöse SMS wie etwa „Ich habe dich gesehen. F.“ für sich zu behalten. Sie erhält weitere Nachrichten und auch diese lässt sie Gerhard lesen, er hält sich an sein Versprechen, auch wenn er dafür ein Disziplinarverfahren riskiert.

Schon der Prolog macht neugierig. Auch wenn ich diese ersten Seiten so gar nicht zuordnen kann, müssen sie mit dem nachfolgenden Geschehen zu tun haben. Lange tappe ich im Dunkeln. Und die immer mal wieder dazwischengeschobenen Gedanken, die kursiv abgedruckt sind, scheinen von demjenigen zu sein, der für die Bluttaten verantwortlich zeichnet. Viel Raum wird auch einem Klienten von Evelyn eingeräumt. Ihre Therapiesitzungen bringen sie nicht nur einmal an den Rand des Erträglichen. Kleinbauer, so heißt er, scheint viel von Evelyn und Fabian zu wissen - aber wie kann das sein? Es sind noch etliche Gestalten, die sich ihr direkt aufdrängen. Das Phantombild tut ein Übriges.

Arno Strobel gehört zu den Autoren, denen ich blind folge. Er hat mir mit seinen Psychothrillern viele Gänsehautmomente, unzählige unheimliche und zudem äußerst rätselhafte Stunden beschert und auch sein neuestes Werk kann ich hier einreihen, wenngleich ich sein FAKE/FAKT um einiges besser fand. „Der Trip“ war  schnell gelesen. Auch ihn mochte ich nicht weglegen und doch hat er mich nicht so mitgerissen wie erwartet. Ich mag Figuren jenseits des Mainstream, Evelyn gehört für mich in diese Kategorie, auch wenn sie im wahren Leben von diesem Fall schon lange hätte abgezogen werden müssen. Sie ist geradezu besessen davon, ihren Bruder zu finden. Hierbei ist sie zielorientiert, sie ist tough, sie ist forsch, ja draufgängerisch und dann wieder scheint sie eher verbohrt und naiv zu sein, sie dreht sich im Kreis und mit ihr die Story. Das Rasante wird abgelöst von etlichen Längen, die es so nicht gebraucht hätte. Die Aufmachung des Buches dagegen erhält meine absolute Zustimmung. Es zeigt deutlich, dass es jemanden gibt, der hinter dem Zielfernrohr nach Campern Ausschau hält.

Auch wenn mich Arno Strobel mit seinem neuesten Werk nicht so ganz abgeholt hat, so bin ich bei seinem nächsten Thriller wieder dabei, denn er kann es besser. „Der Trip“ hat mich gut unterhalten, ist aber eher Mittelmaß.