Rezension

Gute Fantasy mit kleinen Schwächen

Ansuz – Das Flüstern der Raben (1) -

Ansuz – Das Flüstern der Raben (1)
von Malene Sølvsten

Bewertet mit 4 Sternen

In Annes Heimatstadt kommt es vermehrt zu Morden an rothaarigen Mädchen. Anne, die die Aura anderer Menschen wahrnehmen kann und Visionen aus der Vergangenheit empfängt, hat in einer ihrer Visionen den Mord an einer Rothaarigen gesehen. Doch sie ist keine der bisherigen Opfer. Wer ist sie und kann Anne ihren Mord noch aufhalten? Zeitgleich zur Mordreihe tauchen auch ein paar neue und mysteriöse Menschen in der Stadt auf wie der attraktive Varnar und die ein bisschen abgedrehte Luna. Und schon bald soll sich Annes Weltanschauung vollständig auf den Kopf stellen.

Mit knapp 800 Seiten ist dieses Buch ein echter Reißer unter der Jugendbuchfantasy. Dennoch tut es der Tatsache keinen Abbruch, dass es der Autorin gelungen ist hier insgesamt spannende Fantasy aufzubauen, die noch jede Menge Handlung für den nächsten Band offen lässt. Mit Zeit und Geduld baut die Autorin hier eine neue Welt auf, bei der sie sich der nordischen Mythologie bedient. Das Buch ist dabei aus der Sicht der Protagonistin Anne geschrieben und in fünf Abschnitte unterteilt. Neben Anne baut die Autorin zahlreiche weitere Figuren ein, sodass man am Ende schon mal leicht Gefahr läuft, den einen oder anderen nicht mehr ganz auf dem Schirm zu haben. Insgesamt ist der Autorin das Handling dieser Vielzahl an Figuren dennoch gut gelungen. Ihre Protagonistin Anne ist dagegen mal mehr, mal weniger gelungen. Anne ist für das Buchgenre mal eine komplett atypische Figur. Sie ist nicht das ängstliche, wunderhübsche Mädchen, dass stets in allen den Beschützerinstinkt wecken will, hilflos und dabei absolut liebenswert ist - eher ganz im Gegenteil. Als ein Mädchen, dass von Jugendheim und Pflegefamilie zu Pflegefamilie gereicht wird, ist Anne ziemlich taff, mutig, scheut auch körperliche Auseinandersetzungen keineswegs und ist dazu noch ziemlich aufbrausend. Ihre häufig schlechte Laune lässt sie dabei gern - und leider häufig unbegründet - an ihren Mitmenschen raus. Und trotzdem - und das ist es, was mich an ihr stört - gibt es genug Figuren in diesem Buch, die es ihr nicht übel nehmen, einfach drüber wegsehen und trotzdem immer lieb und freundlich zu ihr sind und nur ihr Bestes wollen. Umworben wird sie dabei auch noch von mehr als nur einem Jungen. Ich konnte aufgrund ihrer muffeligen Art einfach nicht mit ihr warm werden und frage mich nach wie vor wie das den anderen Buchcharakteren gelungen ist.

Mein zweiter Kritikpunkt ist die Liebesgeschichte. Leider war die absolut für die Tonne und es tut mir ein bisschen Leid, das so hart sagen zu müssen. Anne hegt relativ früh Gefühle für eine Figur, die irgendwie aus dem Nichts kommen. Keine Chance als Leser hier mitzufühlen oder gar nachzuvollziehen, was sie an ihrem Love Interest findet. Dazu noch ist die darauffolgende Liebesgeschichte etwas abgedreht und nicht nachvollziehbar. Leider, leider konnte sie mich so gar nicht erreichen. Da wäre es vermutlich besser gewesen, man hätte entweder vollständig auf eine Liebesgeschichte verzichtet oder aber sie nur langsam aufgebaut und stark in den Hintergrund gerückt. So jedenfalls war sie einfach nur unglaubwürdig. Dabei hätte die Autorin auf ihren 800 Seiten ja genug Zeit gehabt, um es mit den beiden langsamer anzugehen. 

Da die Autorin trotz der Kritik spannende Fantasy zur nordischen Mythologie geschaffen hat, kann ich trotzdem guten Gewissens vier Sterne vergeben und das Buch weiterempfehlen.