Rezension

Hörst du den Tod?

Hörst du den Tod? - Andreas Götz

Hörst du den Tod?
von Andreas Götz

Über das Buch

Linus ist ein guter Schüler und besitzt außerdem das perfekte Gehör. Doch während er versucht, seine Fähigkeiten so wenig wie möglich zu verwenden, um nicht in das Privatleben anderer Leute einzudringen, fällt ihm dies zunehmend schwer, vor allem, da er auch in der Stimme seiner Freundin Lucy hört, dass sie ihm nicht immer die Wahrheit sagt. Doch als Linuas Mutter etführt wird, und per Post Audiodateien kommen, auf denen seine Mutter zu hören ist, ist sein Gehör gefragt, um Hinweise zu finden, die anderen verborgen bleiben. Was ist das Motiv des Täters? Und was hat Lucy mit der Sache zu tun, die sich manchmal so merkwürdig verhält? Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt…

Die Geschichte verfolgt abwechselnd die Geschehnisse um Linus und seine Freundin Lucy, außerdem gibt es einige Szenen aus der Sicht des Täters, die einen interessanten Einblick in seine Psyche liefern und dabei doch nicht so viel verraten, dass man schnell herausfinden würde, um wen es sich handelt. Die Szenen mit dem Täter sind dabei aus der Ich-Perspektive geschrieben, während im Rest des Buches ein Erzähler verwendet wird.

Die Charaktere in „Hörst du den Tod?” fand ich sehr interessant. Wir haben zum einen Linus, mit seinem perfekten Gehör, der seine Fähigkeiten verleugnet, da er doch viel lieber normal wäre. Er fühlt sich nicht wohl dabei, durch seine Fähigkeiten mehr über andere zu erfahren, als ihm zusteht, denn sein Gehör ermöglicht ihm auch die Interpretation von Stimmfarben. Er ist eigentlich ein eher ruhiger Charakter, und war mir von Anfang an sympathisch. Schwerer fiel es mir, eine Verbindung zu seiner Freundin Lucy zu bekommen. Sie stammt aus einer Familie, die es mit dem Gesetz nicht so genau nimmt, ihr Vater ist vorbestrafte und ihr Bruder versucht ständig, sie in irgendwelche krummen Dinge zu verwickeln. Dabei will auch sie einfach nur normal sein, sich in der Schule bemühen, damit sie es mal besser hat, als ihre Eltern, und mit Linus glücklich sein. Ich konnte einfach nicht verstehen, warum sie sich von ihrem bescheuerten Bruder so häufig in irgendetwas mit reinziehen ließ. Ein falscher Schritt, und sie hätte ihre Zukunft in den Sand gesetzt. Liebe zu Familie gut und schön, aber so etwas sollte auch Grenzen habe. Zum Glück hat sie sich im Laufe des Buches sehr positiv entwickelt, und ein bisschen bin ich dann doch noch mit ihr warm geworden. Auch die anderen Charaktere fand ich sehr interessant. Den Täter natürlich, aber auch Linus Vater, der ziemlich auf seine Karriere fixiert ist, und seinen Freund Frank, der bei der Polizei arbeitet, und verdeckt bei der Suche nach Linus‘ Mutter hilft. Auch Lucy’s Familie fand ich interessant, auch wenn ich insbesondere gegen ihren Bruder sehr schnell einen Groll entwickelt hab.

Die Kapitel sind in eine Art Countdown unterteilt, der von 21 Tagen rückwärts zählt. Durch häufig auftauchende Uhrzeitangeben innerhalb der Kapitel weiß man ständig, wie spät es gerade ist, und man spürt förmlich, wie die Zeit für Linus‘ Mutter abläuft. Das hat einen sehr schönen Faktor zum Spannungsaufbau hinzugefügt und gleichzeitig ein Gefühl der Bedrohung vermittelt. Überhaupt fand ich den Story-Aufbau sehr gelungen. Die Lage spitzt sich immer weiter zu, und mit zunehmend angespannter Lage leidet auch die Beziehung zwischen Linus und Lucy unter dem Druck.

Sehr gut hat mir vor allem gefallen, dass der Thriller man nicht, wie so häufig, aus Sicht eines Ermittlers beschrieben ist. Die Polizeiarbeit ist hier nur am Rande beteiligt, und so hält sich der Leser nicht mit Zeugenaussagen und der Sicherung von Beweisen auf. Es geht vor allem um die Menschen, ihre Beziehungen und ihre Gefühle. „Linus sah sich selbst dabei zu, wie er Linus imitierte. Den Linus, dessen Mutter nicht entführt worden war. Den Linus, den es nicht mehr gab.“ S. 49 Für mich war es mal eine ganz andere Art von Thriller, die mir wirklich gut gefallen hat. Allerdings ging es mir dann am Ende alles ein bisschen zu schnell, was ein bisschen überraschen kam. Und auch die letzten Handlungen des Täters habe ich nicht verstanden, soweit man einen Irren Menschen verstehen kann.

Fazit

“Hörst du den Tod?“ ist ein packender Thriller, der mal eine andere Perspektive zu bieten hat. Es steht mal nicht die Polizeiarbeit, sondern die Familie des Entführungsopfers im Fokus des Geschehens. Die Szenen in denen Linus perfektes Gehör zum Einsatz kommt fand ich sehr gelungen, und die Beschreibungen waren so gut, dass ich mir bildlich vorstellen konnte, was Linus wahrnimmt. Andreas Götz hat dabei einen schnörkellosen Schreibstil, der es schafft, ohne große Ausschweifungen doch ein genaues Bild vor dem inneren Auge zu erzeugen. Ein empfehlenswerter Thriller für alle, die auf blutige Szenen verzichten können.