Rezension

Ich bin enttäuscht...

Das Testament der Jessie Lamb - Jane Rogers

Das Testament der Jessie Lamb
von Jane Rogers

Inhalt:
Eine schreckliche Krankheit ist ausgebrochen: Die gesamte Menschheit ist mit MTS infiziert, sodass jede Frau die schwanger wird qualvoll sterben muss. Dadurch werden in der Zukunft also alle Menschen aussterben, weil es keinen Nachwuchs gibt. Die Wissenschaftler experimentieren natürlich fleißig und es bilden sich viele Gruppierungen von Aktivisten. Schon bald gibt es eine Lösung, die einem aber das Leben kostet... Jessie Lamb möchte nicht tatenlos dabei zusehen, wie die Menschen sterben, daher sucht sie nach einer Möglichkeit sich nützlich zu machen - aber ist der Preis nicht etwas zu hoch?

Sprache:
Meine Meinung zu dem Schreibstil hat sich während dem Lesen sehr stark verändert: Zu Beginn des Buches fand ich ihn noch ganz alltäglich und nicht irgendwie besonders - aber das sollte sich später ändern. Das Buch las sich zwar von der ersten Seite an richtig gut, aber zum Ende hin wurde der Schreibstil wunderschön! Ganz plötzlich sind mir die super gelungenen Beschreibungen aufgefallen, wobei mir persönlich besonders die Metaphorik gefallen hat. Stellenweise hat mich ein innerer Monolog auch ein wenig an ein Gedicht erinnert - eine wirklich schöne Wortwahl mit viel Bedeutung dahinter. Allerdings finde ich es sehr schade, dass es so lange gedauert hat, bis der Schreibstil so gut wurde. Denn sonst hätte mir das Buch ganz bestimmt viel besser gefallen!

Charaktere:
Ich habe leider keinen wirklichen Zugang zu den Charakteren gefunden und das hat mehrere Gründe. Jessie Lamb's Denkweise war mir beispielsweise total unverständlich. Ihr Entscheidungsprozess sich wirklich Aufzuopfern fehlte mir sehr. Denn so habe ich nicht wirklich verstanden woher auf einmal ihr Sinneswandel kam, sodass ich auch keine Nähe zu ihr aufbauen konnte. Dabei war dies für mich ein riesiger Spannungsfaktor! Aber ohne eine zufriedenstellende Antwort auf die Frage wurde der Geschichte dann so ziemlich die Luft aus den Segeln genommen. Später gab es dann glücklicherweise doch noch ein paar refektierende Szenen und ich habe auch noch begonnen zu hoffen, dass sie ihren Weg gehen darf - wenn auch eher aus dem Grund, dass ein Mensch selbst entscheiden sollte und nicht weil ich Jessie's Einstellung nachvollziehen konnte.
Die anderen Charaktere waren auch eher unnahbar. Es war zwar interessant zu sehen wie unterschiedlich Jessie's Eltern mit der Entscheidung umgehen, aber ansonsten schienen die Charaktere alle nicht sonderlich wichtig für den weiteren Verlauf zu sein. Viele Randcharaktere treten nur ein oder zwei Mal auf, sodass man kaum die Möglichkeit bekommt sie näher kennenzulernen.

Handlung:
Von der Handlung an sich habe ich sehr viel erwartet, aber ich wurde leider enttäuscht. Dies liegt allerdings nicht nur an der angesprochenen Problematik mit Jessie's Entscheidung, sondern auch an dem Zusammenfügen der Szenen an sich. Denn es gibt häufiger mal Lücken zwischen den Kapiteln und da habe ich mich immer gefragt, was denn wohl dazwischen passiert ist. Außerdem bestehen Gespräche oft nur aus ein paar Floskeln, während der interessante Teil des Gesprächs dann nur indirekt geschildert wird, was ich sehr schade finde. Aber dies besserte sich zum Ende hin. Ganz gut gelungen finde ich, dass es zwei Handlungsstränge gibt, die in unterschiedlichen Zeiten spielen. Für mich war das sehr spannend, aber enttäuschenderweise fehlte hier die Zusammenführung. Es gibt zwar ein paar Hinweise, aber wie auch bei der Entscheidung von Jessie hat mich hierbei insbesondere das "wie" interessiert. Ich finde es wirklich schade, dass das Buch an einigen Stellen schwächelt, weil ich die Grundidee richtig gut finde und sie auch richtig viel Potential bietet!

Mich hat das Buch leider sehr enttäuscht, weil in meinen Augen ein paar Schlüsselszenen fehlten - aber trotzdem ist das Buch lesenswert, denn insbesondere zum Ende hin wird es deutlich besser!