Rezension

In der Spur bleiben

Serpentinen
von Bov Bjerg

Serpentinen, Schlangenlinien fährt der Vater mit seinem siebenjährigen Sohn. Sie sind unterwegs in die Vergangenheit, in den Herkunftsort des Vaters und in die Familiengeschichte: Der Vater erinnert sich an seinen eigenen Vater, der soff, herumbrüllte, Wutausbrüche hatte, Frau und Kind prügelte und sich schließlich erhängte. Ähnliche Geschichten sind Familientradition; drei Generationen von Vätern litten an psychischen Erkrankungen und haben sich umgebracht. Wie kann man sich aus einer solchen Geschichte befreien? Äußerlich hat der Vater es geschafft: Durch Bildung ist er aus dem Arbeitermilieu zum Soziologieprofessor aufgestiegen, doch eine Heimat hat er in der Intellektuellen-Szene nicht gefunden. Immer wieder wird er von Depressionen heimgesucht, und der Gedanke an einen Suizid ist ihm nicht fremd. Kann die Fahrt mit dem Sohn Erlösung bringen? Oder muss wie bei Abraham der Sohn geopfert werden? Beschreibungen von Szenen, Rückblenden, soziologische und psychologische Analysen und Gedankenkreisel wechseln sich ab wie in einer Achterbahn oder in Serpentinen.

Das Buch wirkt auf mich beklemmend; die bedrückenden Gefühle und Gedanken sind dunkel. In Serpentinen wechseln nicht nur die Inhalte, sondern auch die Stimmungen. Besonders die Phantasien um den Mord am Sohn waren für mich schwer erträglich. Aber: Das gibt wohl ein realistisches Bild der psychischen Krankheit. Daher: Wer sich dem stellen kann, mag aus diesem Buch einiges herausholen.

"Serpentinen" steht auf der Nominierungsliste zum Deutschen Buchpreis 2020.