Rezension

Kaum vorhersehbare Ermittlungen, bei denen man bis zum Schluss im Dunkeln tappt

Hagebuttenblut - Lina Bengtsdotter

Hagebuttenblut
von Lina Bengtsdotter

Bewertet mit 4 Sternen

Charlie Lagers Chef beobachtet besorgt, dass seine beste Ermittlerin urlaubsreif ist. Doch schon der Gedanke an freie Tage ist für Charlie ein Graus. Doch dann bekommt sie zufällig mit, dass in ihrem Heimatort Gullspång vor dreißig Jahren die damals sechszehnjährige Francesca spurlos verschwand. Der noch immer ungeklärte Fall weckt ihr Interesse. Als dann noch ihre Freundin Susanne, die ebenfalls in Gullspång wohnt, Charlies Unterstützung braucht, nimmt sie Urlaub, um in den kleinen Ort zurückzukehren....

 

"Hagebuttenblut" ist nach "Löwenzahnkind" der zweite Fall für die Stockholmer Ermittlerin Charlie Lager, der sie zurück in ihren Heimatort Gullspång führt. Obwohl man den aktuellen Ermittlungen sicher auch dann folgen kann, wenn man den ersten Teil nicht gelesen hat, ist das bei dieser Reihe nicht zu empfehlen. Denn es gibt im zweiten Band entscheidende Informationen zu den Ereignissen aus dem ersten Fall. Wenn man  die Reihenfolge nicht einhält und den ersten Teil erst nach dem zweiten liest, dann könnte man sich die Spannung verderben. 

 

Wenn man Charlie Lager bereits aus dem ersten Band kennt, weiß man, dass sie einige Probleme zu bewältigen hat und sich dabei auch manchmal selbst im Weg steht. Dennoch wirkt die engagierte und äußerst hartnäckige Ermittlerin sympathisch. Der Einstieg in die Handlung gelingt mühelos. Durch Rückblicke werden wichtige Informationen eingestreut. Dadurch werden die Erinnerungen an die Ereignisse des ersten Bands geweckt, sodass man wieder weiß, was damals geschehen ist und welche Auswirkungen die Ermittlungen für Charlie hatten. 

 

Die Handlung wird aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. In der Gegenwart beobachtet man Charlies Bemühungen, das Verschwinden der damals sechszehnjährigen Francesca aufzuklären. Dabei wird schnell klar, dass in Gullspång kein großes Interesse daran besteht, darüber zu sprechen oder genauer nachzuforschen. Ein weiterer Handlungsstrang führt zurück in die Vergangenheit. Hier steht Francesca im Zentrum der Ereignisse, die sie selbst in der Ich-Perspektive schildert. Obwohl man sie genau beobachtet, kann man sich nicht sicher sein, ob sie eine verlässliche Erzählerin ist. Sie wirkt zwar sympathisch und kann ihre Sicht glaubhaft vermitteln, doch die Zweifel, ob man ihr und ihren Schilderungen trauen kann, werden früh gesät. Das macht allerdings einen großen Reiz der Handlung aus. 

 

Es gelingt der Autorin hervorragend, sofort das Interesse an dem ungelösten Fall zu wecken. In beiden Erzählsträngen werden Handlungsorte und Protagonisten so lebhaft beschrieben, dass man mühelos ins Geschehen eintauchen kann. Die Kapitel sind relativ kurz und die Wechsel zwischen den Perspektiven überaus gelungen. Dadurch gerät man früh in den Sog der Ereignisse, denn man möchte unbedingt erfahren, wie es in beiden Ebenen weitergeht, was damals geschehen ist und wie sich alles verknüpfen wird. Dabei legt die Autorin einige Spuren aus, denen man nur allzu bereitwillig folgt. Immer wenn man meint, dass man der Lösung einen Schritt näher gekommen ist, sorgen überraschende Wendungen dafür, dass man umdenken muss.

 

Es handelt sich nicht um einen hochspannenden Thriller, eher um einen soliden Kriminalfall, mit einem dramatischen Hintergrund. Dennoch kann man das Buch, wenn man es einmal angefangen hat, nur schwer aus der Hand legen. Da die gekonnten Wechsel der Zeitebenen einen enormen Reiz ausüben und man bis zum Schluss im Dunkeln tappt, um selbst dann noch einmal überrascht zu werden.