Rezension

Kein guter deutscher Titel!

Die Sommer der Porters
von Elizabeth Graver

Bewertet mit 3 Sternen

Die Sommer der Porters hörte sich von der ersten Beschreibung her gut an, doch ich konnte mich nicht erwärmen für diesen Sommerroman. Die Handlung war zu nichtssagend. Auch sonst hatte der Roman viele Schwächen.

Die Sommer der Porters ist kein klassischer Familienroman, obwohl man dies aufgrund des deutschen Titels erwartet. Denn die Erzählung verläuft nicht stringent, das heißt, die Familiengeschichte muss der Leser wie ein Puzzle selbst zusammensetzen, dabei wird nicht ganz klar, ob man zu wenige oder zu viele Puzzleteilchen hat.

Zunächst, im ersten Teil, lernt man Bea kennen, das schottische Kindermädchen, das mit Hingabe die jüngste Tochter der Familie, Jane, betreut. Einhundertfünfzig Seiten braucht man, bis man erfährt, Bea hätte auch einem anderen Lebensentwurf folgen können. Wer nicht? Wenn das die ganze Konklusio ist!

Danach erfolgt der Auftritt Helens, der Hauptprotagonistin. Sie wird zunächst als unabhängiger, intellektueller Geist geschildert. Plötzlich aber ist die Figur gebrochen. Einerseits findet sie ihre wahre Bestimmung, andererseits fühlt sie sich ausserstande dieser zu folgen. Warum? Die ganze Familie leidet an psychischen Problemen, obwohl dafür kein trifftiger Grund bekannt wird. Im dritten Teil folgen wir Charlie, Helens Sohn auf seinen LSD-Trip und im vierten Teil kommen wir wieder auf Helen zurück.

Was mir an diesem Roman grundsätzlich fehlt, ist erstens eine vernünftige Personenführung, zweitens eine einheitliche Erzählform, und drittens ein realer Handlungsort.

Im einzelnen: Die meisten Personen des Romans erleiden Verluste, Depressionen, Identitätskrisen, jedoch ohne dass man deren Entwicklung hätte mitverfolgen können. Man bekommt nur Resultate geliefert. Zahlreiche Protagonisten sind irrelevant.Die Erzählform wechselt ohne einsichtigen Grund mehrmals. Das Ganze macht auf mich einen chaotischen Eindruck. Die Insel Ashaunt ist fiktiv. Als ob die USA nicht genug echte Inseln hätte, die man als Grundlage des Romans hätte verwenden können. Interessiert sich wirklich jemand für ausführlichste Schilderungen von Flora und Fauna eines Ortes, den es gar nicht gibt?

Der absolute Knackpunkt, warum mir dieser Roman von vorne bis hinten nicht zusagte, liegt allerdings in der unseligen Angewohnheit der Verlage, englischsprachigen Titeln einfach einen anderen, scheinbar griffigeren deutschen Titel zu geben. Der englische Titel „The end of the point” deutet Melancholie, Zerrissenheit, Depression, Öde, Verlassenheit und Einsamkeit an. Unter seiner Prämisse bekommt der Roman eine deutlich andere, bessere, Schlagseite.

Fazit: Selbst wenn man den englischen Titel wohlwollend in Betracht zieht, ist mir „Die Sommer der Porters“ in der Ausführung dennoch zu unausgewogen.

Kategorie: Gute Unterhaltung
Verlag: Mare Verlag, 2016