Rezension

Krempel und Gerümpel

Die leise Last der Dinge -

Die leise Last der Dinge
von Ruth Ozeki

Bewertet mit 2 Sternen

Ein Buch über Krempel und Gerümpel, das einem Menschen über den Kopf wächst und sein Leben entscheidend bestimmt?

"Die leise Last der Dinge" scheint genau so ein Buch zu sein. Die junge Familie Oh, verliert auf tragische Weise ihren Vater und Ehemann. Benny ist gerade einmal 12 Jahre alt und leidet sehr unter seinem Verlust. Der Mutter ergeht es nicht besser, doch verliert sie sich in abgebrochene Aufräumaktionen und Belohnungskäufen. Sie muss sich gleichzeitig um ihren Job als Medienbeoabchterin kümmern, den sie zu verlieren droht. Als ihr Arbeitgeber Homeoffice vorschlägt, stimmt sie resigniert zu, nicht wissend, dass das ganze Archiv von Zeitungen und Speichermedien in ihrem Haus landet. Es füllt sich.
Das ist auch der Zeitpunkt, an dem ihr Sohn anfängt Stimmen zu hören. Er zieht sich emotional zurück, sein Fluchtpunkt ist eine große Bibliothek. In der Schule sticht er, von Stimmen getrieben, mit der Schere in sein Bein und wird in psychiatrische Behandlung geschickt. Mit Medikamenten ruhiggestellt, und seinem neuen Schwarm, die er in der Klinik kennengelernt hat, suchend, schwänzt er die Schule und verbringt seine Tage gänzlich in der Bibliothek. Dort kommt er nicht nur seiner gesuchten Alice/Aleph näher, sondern lernt mit ihr auch das bunte Häufchen Leute kennen, die mit ihr das öffentliche Gebäude als ihren Wohnsitz auserkoren zu haben scheinen. Obdachlose, Hausmeister, Drogensüchtige. Mit Wodka und Haschisch im Blut, erlebt Benny denn auch gefährliche Abenteuer mit reichlichen Verletzungen.

Die Situation zu Hause eskaliert. Der Sohn ihrer Vermieterin droht mit Kündigung, wenn Annabelle (Bennys Mutter) nicht ihren Müll, der sich inzwischen schon auf der Veranda und im Garten aufhäuft, beseitigt. Annabelle startet wieder einen ihrer verzweifelten Aufräumaktionen...

Nun, das Gute und Kreative ist, dass Benny auch die Stimmen seines Buches hören kann. Es füllt die Lücken in Bennys Geschichte, die er nicht wissen kann, die er aber auch nicht immer hören will. Er streitet mit seinem Buch, aber er muss seine Einmischung wohl hinnehmen.

Das Magische, aber wenig Hilfreiche ist, dass es ein weiteres Buch gibt, welches in Annabelles Einkaufskorb springt. Es heißt Tidy-Magic, und hat die ultimativen Aufräumtipps für Konsumgeschädigte auf Lager. Die Wirkung auf Annabelle bleibt überschaubar. Gleichzeitig mischt sich die Geschichte der Verfasserin dieses Büchleins, einer Zen-Meisterin, ein. Sie hockt in Japan, dem Geburtsland von Annabells Ehemann, und rüstet sich für eine Lesereise in die USA. Dabei denkt sie auch an Annabelle, die ihr Fan-Mails geschrieben hat, und deren trauriges Schicksal sich doch vielleicht für eine begleitende Fernsehdokumentation eignen würde.

Die einzige Vernünftige in dieser wenig aufgeräumten Geschichte, kommt ziemlich unscheinbar daher. Es ist eine Bibliothekarin, die Benny schon von Klein auf kennt und seine wahre Natur begreift. Sie ist es auch, die anpackt und Hilfe bringt.

Das Nervige ist, dass viele Tote wieder auferstehen, nur ihre Namen, ihre Dichtkunst und sogar leibhaftig. Eine Coming-of-Age Liebesbekundung, ein fettes Eigenlob, ein Cluster von Weltproblemen (Gentrifizierung, Weltraumschrott, Gesundheitsversorgung...), eine inkompetente Psychiaterin, ein wodkasaufender Dichter, eine blindtippende Bibliotheksbesucherin die allem Anschein nach die Autorin über der Autorin (haha) ist, und dieses eine Mädchen, das alles mit ominösen Nachrichten aufmischt.

Durch die ganzen Querverweise im Buch, wird das ernsthafte Thema Verlust und Bewältigung, die psychische Störung Bennys und das Versagen der öffentlichen Einrichtungen, überdeckt. Die Geschichte kann sich nicht entscheiden, zwischen Kunstprojekt, Anklageschrift, Abenteuerroman und zen-buddhistischem Lehrbuch. Leider ist die Einbindung dieser Elemente in die Handlung sehr holprig und unstimmig. Übergänge werden mit magischen Momenten (Magnetbuchstaben am Kühlschrank) bewältigt, Pattsituationen mit hingeworfenen Zufällen (die Vermieterin ist wieder da und halbwegs gesund) gelöst und sämtliche geistigen Schöpfer haben ihren Auftritt.

Es verwirrte und ermüdete mich, aber vor allem hat es mich verärgert. Die Rechtschreib- und Logikfehler traten damit in den Hintergrund. Wer gerne Kreuzworträtsel löst und ein wenig auf der Esoterikschiene läuft, der könnte diese Buch trotzdem mögen.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 06. Oktober 2022 um 20:49

Ich muss noch 2 Abschnitte. Wie bist du so schnell durchgekommen?