Rezension

"Kultroman" ist nicht gleichzusetzen mit "Qualität"

Volkswagen Blues - Jacques Poulin

Volkswagen Blues
von Jacques Poulin

In diesem "modernen Klassiker der frankokanadischen Literatur" macht sich ein Schriftsteller mit einem flüchtig getroffenen Mädchen auf die Suche nach seinem Bruder. Dabei passieren sie mit dem Bulli des Schriftstellers einige historische Wegpunkte frankokanadischer und amerikanischer Siedler des 17. bis 19. Jahrhunderts zwischen dem Start in Gaspé und San Francisco. Das Ganze spielt Anfang der 1980er Jahre.

Ich habe mich durch diesen Roman wirklich buchstäblich durchquälen müssen. Leider besitzt das Buch keinen sinnvollen, gut durchdachten Plot, sondern einfach nur einen banalen Erzählstrang zwischen dem Ausgangspunkt (zwei Menschen fahren einfach mal fröhlich los, um den Bruder des einen zu finden) und dem Endpunkt in San Francisco. Zwischendrin vergeht die Zeit nur geähnend langsam, gefüllt mit belanglosen Dialogen zwischen den unglaubwürdig innig verbundenen Fremden und "Faktenruntergerassel" zur Siedlerbewegung und Ureinwohnerauslöschung in Amerika. Das hier ist definitiv kein abwechslungsreicher oder gar amüsanter Roadtrip. Der Schreibstil des Autors - oder die Übersetzung, wer weiß das schon - ist so unglaublich belanglos und unspekatulär, dass ich mitunter mehrfach auf einer Seite (!) eingeschlafen bin. Hätte es sich nicht um ein Rezensionsexemplar gehandelt, ich hätte die Lektüre liebend gern spätestens auf Seite 50 abgebrochen. Die Figuren bleiben durchweg uninteressant und blass, versuchen sich selbst aber in "tiefgründigen", küchenpsychologischen Betrachtungen. Da der Schriftsteller im Roman gerade in einer Mitlife Crisis mit vermutlicher Schreibblockade festsitzt, vermute ich selbigen Gemütszustand beim Autor des Buches während dessen Entstehung. Leider scheint er durch das Schreiben nicht da rausgekommen zu sein.

Letztendlich habe ich mich zwei Dinge gefragt: Was gibt mir die Lektüre im Hier und Heute? Tatsächlich nichts Tiefgründiges. Wer mehr über die Siedler in Amerika oder die Ureinwohner wissen möchte, sollte zu anderen, qualitativ hochwertigeren Veröffentlichungen greifen. Und meine zweite Frage war, warum wird dieser Roman erst jetzt ins Deutsche übersetzt, wenn er doch so ein Klassiker ist? Genau, weil gerade Kanada das Gastland der Frankfurter Buchmesse ist/sein sollte. Ich denke, es gibt gute Gründe, warum bisher niemanden die Übersetzung dieses Romans gereizt hat und wenig gute Gründe diese Auflage jetzt unbedingt zu lesen. Mich konnte der Roman gar nicht überzeugen und die Lektüre war aus meiner Sicht reinste Zeitverschwendung. Sehr schade.