Rezension

Auf der Suche nach Theo

Volkswagen Blues - Jacques Poulin

Volkswagen Blues
von Jacques Poulin

Bewertet mit 4 Sternen

Ein relativ erfolgloser Autor, der in der Vergangenheit mehrere Romane unter dem Pseudonym Jack Waterman  veröffentlicht hat, macht sich in Québec mit einem uralten Bulli auf den Weg, um seinen Bruder Theo zu suchen. Als Kinder standen sie einander sehr nahe, als Jugendliche nicht mehr so, aber inzwischen hat er seinen Bruder etwa 20 Jahre nicht gesehen. Er fühlt sich schuldig, glaubt, dass er ihn irgendwann im Stich gelassen hat. Schon zu Beginn der langen Reise nimmt Jack die Anhalterin Pitsémine und ihren Kater Chop Suey mit. Die sehr belesene  Halb-Indianerin entschlüsselt die wenigen Indizien zu Theos Weg und wird Jack einige sehr wertvolle Tipps geben. Als gelernte Mechanikerin hält sie auch den alten Bulli in Schuss und ermöglicht so die lange Fahrt von Quebec über den Oregon-Trail, die Rocky Mountains bis nach Kalifornien. Die beiden Eigenbrötler nähern sich einander an, entwickeln Gefühle, obwohl  der schüchterne Jack und die etwas forschere Pitsémine im Grunde am liebsten allein sind und eine feste Bindung gar nicht wollen. Sie sind ein ungewöhnliches und sehr sympathisches Paar. 

Jacques Poulains Roman ist eine Road Novel und zugleich eine Zeitreise, denn die Geschichte enthält viele Namen und historische Fakten und eine Menge Informationen über die Besiedlung Amerikas, den Zug der Siedler nach Westen, die Indianerkriege und die Ausrottung der Bisons, die einmal mehr zeigen, dass die Geschichte Amerikas von Gewalt bestimmt ist. Zum Glück ist der Roman kein trockenes Geschichtsbuch, zumal der Autor witzige Episoden zur Auflockerung einfließen lässt. Mir hat die Geschichte gut gefallen. Ich hätte mir allerdings gewünscht, die Landschaft und die Orte aus eigener Anschauung zu kennen. Es ist auf jeden Fall erfreulich, dass der bald 40 Jahre alte Roman nun endlich auf Deutsch erscheint.