Rezension

Lebenskrise

Erschütterung -

Erschütterung
von Percival Everett

Bewertet mit 5 Sternen

Zach Wells ist Professor für Paläontologie. Im Prinzip hat er ein Luxusproblem: Das alltägliche Leben bietet keine Herausforderung mehr für ihn. Seine Ehefrau wird von ihm geschätzt, aber nicht geliebt. Seine Vorlesungen schüttelt er aus dem Handgelenk und seine Studenten interessieren ihn nicht sonderlich.
Von einem Tag zum anderen wird sein Leben von Grund auf umgekrempelt, nämlich als seine Tochter Sarah (im Prinzip Zachs einziger sinnvoller Lebensinhalt), eine tödliche Diagnose erhält. Fast gleichzeitig ergeben sich Probleme mit einer Kollegin und mit einer seiner Studentinnen. Der Hauptteil des Romans beschäftigt sich damit, wie der Professor mit dieser Lebenskrise umgeht. 
Beinahe hätte ich dieses Buch schon relativ früh abgebrochen. Gerade der Anfang ist ziemlich hochgestochen und verworren. Ich konnte keine klare Linie erkennen. Vielleicht wäre es einfacher gewesen, wenn ich die Printversion vorliegen gehabt hätte, aber als Hörbuch sind die Texteinschübe nicht unmittelbar als solche erkennbar. Zum Glück habe ich durchgehalten und wurde mit einem packenden Lebensabschnitt eines nicht sehr sympathischen und nicht sehr empathischen Menschen (abgesehen mit seiner Tochter) belohnt. Es reiht sich Krise an Krise, es entsteht ein sehr lebendiger Plot, der Schicht um Schicht von Zachs Charakter freilegt. Ich war ganz und gar von der Geschichte gefangen, auch wenn mich die merkwürdigen Texteinschübe bis zum Schluss hin einfach nur genervt und verwirrt haben.
Der Sprecher Christian Brückner hat den Charakter von Zach Wells umfänglich verinnerlicht. Es ist, als spräche der Professor selbst den Text und nicht ein Vorleser. Einfach grandios. Ein kleiner Kritikpunkt meinerseits: Von der Stimmer her ist der Sprecher zu alt für die Rolle eines circa 40-jährigen Mannes.
Trotzdem ist "Erschütterung" ein wirklich großartiges Buch, das noch lange nachhallt, wenn man sich darauf einlässt.