Rezension

Lesenswerter Liebesroman

Das Geheimnis der Tränen (Historisch, Liebe) - Marie Caroline Bonnet

Das Geheimnis der Tränen (Historisch, Liebe)
von Marie Caroline Bonnet

Bewertet mit 4 Sternen

„...Der stämmige Fleischhauer hatte seine Gattin angelächelt, wortlos ihren Arm genommen, und die viel kleinere Köchin hatte in Vertrautheit und Achtung zu ihm aufgeblickt. War es nicht sonderbar, dass die scheinbar einfachen und ungebildeten Menschen zu Gefühlen fähig zu sein schienen, die denen der besseren Gesellschaft verborgen bleiben?...“

 

Wir schreiben das Jahr 1688. Die 17jährige Lianne lebt als Dienstmädchen im Hause Bellier. Sie kann sich an kein Leben vor dieser Zeit erinnern. Die Launen von Java, der verwöhnten Tochter des Hauses, ist sie gewohnt. Neuerdings aber macht ihr der Hausherr Avancen.

Seit einiger Zeit darf Lianne ab und an ihre Mutter besuchen, die sie jahrelang nicht gesehen hat. Sie mag ihre kleinen Geschwister, fühlt sich aber von der Kälte der Mutter abgestoßen. Die erwartet, dass sie ihren Verdienst bei der Familie abgibt. Außerdem rechnet die Mutter schon mit dem Mehr an Geld, wenn Lianne die Geliebte des Hausherrn wird.

Dann wird Lianne in den Ort geschickt, um eine Schreiben abzugeben. Sie nutzt die Gelegenheit zur Flucht und versteckt sich auf eine Schiff im Laderaum. Dem Besitzer der Ware hat sie es zu verdanken, dass sie dort nicht verhungert und verdurstet.

Die Autorin hat einen spannenden historischen Liebesroman geschrieben. Eigentlich werden im Buch zwei Schicksale erzählt, dass von Lianne und das ihrer Mutter. Es geht um den Drang nach Freiheit, um den Versuch, das Leben in die eigene Hand zu nehmen, aber auch um Verrat und Schuld.

Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Die Personen werden ausreichend charakterisiert. Lianne hat in ihrem Leben nie gelernt, jemanden zu vertrauen. Woher auch? Sie kann sich an keine liebevolle Zuwendung erinnern. Harte Worte findet sie dafür:

 

„...Ich bin ungebildet, da ich nie die Möglichkeit hatte zu lernen. Ich bin arm, da ich keine reichen Eltern besitze. Ich bin ein Opfer der Mächtigen, eine Spielfigur. Und das bleibe ich, für immer...“

 

Selbst nach ihrer Flucht hat sie Angst. Sie weiß, dass ihr Dienstherr auf der Suche nach ihr ist. Sie ahnt allerdings nicht, was das eigentliche Motiv für dessen Interesse an ihr ist. Ein einziges Erlebnis hat ihn zu dem Mann gemacht, der er nun ist. Als sein Herz zerbrochen wurde, wurde er ein anderer. Hass und Rache sind mächtige Motive, auch wenn es eine Unschuldige trifft.

Lianne hat eine besondere Gabe. Sie kann exzellent zeichnen. Als Dienstmagd war ihr das nur heimlich möglich. Weder Papier noch Kreide wurden ihr zugestanden. Doch eines ihrer Bilder sollte ihr nun zum Verhängnis werden, als sich gerade ein neuer Weg vor ihr auftat. Dann aber überschlagen sich die Ereignisse.

Gut herausgearbeitet wird der Widerspruch zwischen der inneren Stärke von Lianne und ihrer äußeren Abhängigkeit, die sie trotz Flucht gedanklich verfolgt und nicht loslässt. Dabei geht ihr der folgende Satz durch den Kopf.

 

„...Wer nichts wagte, nahm sich jede Gelegenheit zum Glücklichsein und wurde nichts als einsam. Und das war ich lange genug gewesen...“

 

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt, wie lange falsche Entscheidungen nachwirken können.