Rezension

Lieben heißt Loslassen ****

Mika im echten Leben -

Mika im echten Leben
von Emiko Jean

Bewertet mit 4 Sternen

Die 16jährige Mika Suzuki entschließt sich schweren Herzens, ihre Tochter Penny zur Adoption freizugeben. Nichts wird ihr von ihrem Baby bleiben, lediglich einen hübschen Namen hat sie ausgesucht und einmal pro Jahr bekommt sie von der Adoptivmutter einen Brief über Pennys Heranwachsen. Als Mika, inzwischen fünfunddreißig, einen Anruf mitten im Supermarkt entgegennimmt, meldet sich eine fremde Stimme: „Spricht dort Mika Suzuki? Hier spricht Penny. Penelope Calvin. Ich glaube, ich bin Ihre Tochter.“ Tatsächlich möchte das junge Mädchen seine leibliche Mutter kennenlernen und da Mika sich von einem Job zum nächsten hantelt, bei ihrer chaotischen Freundin zur Untermiete wohnt und nur einen mit Drogen handelnden Ex hat, erfindet sie kurzerhand einen charmanten Partner, ein schickes Haus und eine moderne Kunstgalerie, die sie demnächst als Selbständige führen wird. Eine Katastrophe bahnt sich an, als Penny ihren Besuch ankündigt.

Witzig und ernsthaft zugleich geht es zu in diesem unterhaltsamen Roman. Mika steht im Mittelpunkt, in ihrer Rolle als Mutter, die ihr Baby weggegeben hat und als Tochter, welche von der eigenen Mutter kaum Anerkennung erfahren hat, ist sie einer Zerreißprobe ausgesetzt. Hat sie damals richtig gehandelt? Hätte sie ihrem Kind je ein guter Elternteil sein können oder sind die Adopitveltern nicht viel besser geeignet, obwohl sie Weiße sind und Penny eine halbe Japanerin? „Wer bin ich?“ ist eine Frage, welche sich Mika und Penny gleichermaßen stellen, im Laufe der Ereignisse kommen sie einer Antwort in gewisser Weise näher.

Der Klappentext verrät ja schon einiges, trotzdem verläuft die Geschichte überraschend und entwickelt sich ganz anders, als ich es erwartet habe. Etliche Figuren erleben einen Wandel, der durchaus nachvollziehbar und realistisch dargestellt wird. Zudem versteht Emiko Jean es fabelhaft, auf die ernsthaften Themen Adoption, Beziehungen innerhalb der Familie oder (Un)Abhängigkeit einzugehen. Das Maß zwischen Unterhaltung und tiefergehendem Roman ist wunderbar getroffen, niemals spürt man einen erhobenen Zeigefinger, vielmehr erlebt man Mikas Gefühlswelt und wie sie mit ihren ureigenen Problemen umgeht. Sind es Alkohol, Drogen, schneller Sex, die negative Empfindungen betäuben sollen oder kann man anders seine Zukunft gestalten? Lieben heißt Loslassen. Weil Mika ihre Tochter stets geliebt hat, hat sie sich für eine bessere Zukunft für ihr Kind entschieden – und sie zu fremden Eltern gehen lassen. Was viele Jahre später passiert, erzählt diese spannende Geschichte.

Unverwechselbar und anders – so präsentiert Emiko Jean diesen lesenswerten Roman, der mir inspirierende Stunden beschert hat.

 

Titel                                  Mika im echten Leben

Autor                                Emiko Jean

ASIN                                B0BK9WQ4RG

Sprache                           Deutsch

Ausgabe                          ebook, ebenfalls erhältlich als Taschenbuch (448 Seiten) und Hörbuch

Erscheinungsdatum        1. Juni 2023

Verlag                              dtv

Originaltitel                       Mika in Real Life

Übersetzer                       Charlotte Lungstrass-Kapfer