Rezension

Man hat immer eine Wahl

No place, no home - Morton Rhue

No place, no home
von Morton Rhue

Wegen dem Namen Morton Rhue bin ich eigentlich auf dieses Buch aufmerksam geworden. Der Autor des Klassikers "Die Welle" (u.v.m.) hat wieder einmal ein heißes Thema aufgegriffen und in einen Jugendroman verarbeitet. Ob auch dieser hier zum Klassiker wird, irgendwann?

Ich muss gestehen, dass ich eine Weile gebraucht habe, bis ich mich in dieser Welt von Dan zurecht gefunden habe. Ich wusste lange nicht was ich jetzt von der ganzen Situation halten soll, was der Autor mir sagen will.

Als Charakter hat mir Dan jetzt nicht so gefallen, ich wurde lange nicht warm mit ihm und fand einfach keinen Bezug zu ihm. Irgendwie bleiben er und die Nebenfiguren für mich ziemlich blass. Vielleicht Dan nicht unbedingt, aber er hat für mich keine Ecken und Kanten, die einen überzeugenden Charakter ausmachen.
Dan's Kampf mit seiner neuen Situation kam mir oft ein bisschen lieblos vor. Ich weiß auch nicht, irgendwas fehlte mir in der Geschichte. Seine Ängste in der Schule konnte ich aber gut nachvollziehen. Es tut mir weh, wie seine Freunde auf das alles reagieren.
"Sie waren alt und obdachlos. Wie konnten sie so unbeschwert sein?" - S. 129 Dan's Gedanken waren oft noch unreif und für einen, der bald aufs College kommt, oft zu unreif für meinen Geschmack.
 Vom Schreibstil her ist mir das Lesen sehr leicht gefallen. Rhue verwendet eine schöne Sprache. Mein Lieblingssatz, der hängengeblieben ist, ist eindeutig auf Seite 62. "Man hat immer eine Wahl." Da stellt sich dann die Frage: Hat man wirklich immer eine Wahl?
In einen richtigen Lesesog wurde ich aber nicht gezogen. Es war jetzt nicht so, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte.

Was ich auch toll fand, waren die Namen, die Rhue den Orten im Buch gegeben hat. Da wäre zum Beispiel Average, die Stadt in der Dan lebt. Average bedeutet Durchschnitt. Es ist also eine Durchschnittsstadt, eine Stadt, wie jede andere. Das was dort passiert kann also überall passieren.
Zum Anderen wäre da Dignityville, die Zeltstadt. Dignity bedeutet Würde oder Erhabenheit. Verliert man seine Würde, wenn man obdachlos wird? In der Stadt der Würde auf keinen Fall. Die Idee hinter dieser Stadt finde ich einerseits total genial, andererseits ist die Lösung auch keine, die 100 Prozent perfekt ist.

Also das Ende hat für mich noch einiges rausgerissen, auch wenn es ziemlich schnell kam und dann doch etwas unbefriedigend endet. Aber es hat was und es hat mir irgendwie gefallen, da eine klare Botschaft vermittelt wird, die unglaublich wichtig ist!

Ein weiteres Augenmerk legt der Autor auf ein bestimmtes Buch und zwar "Früchte des Zorns" von John Steinberg, welches Dan in der Schule gelesen hat und öfters seine Situation mit der Situation in diesem Buch vergleicht. Ich als Leser wurde dadurch total neugierig auf "Früchte des Zorns", was vielleicht auch Absicht von Rhue war, weil es wirklich ziemlich oft erwähnt wird. ;)

 

Fazit

Für mich leider kein Roman, der als Klassiker avancieren wird, aber ein gutes Buch für Zwischendurch, das einen zum Nachdenken anregt und Fragen aufwirft, die schwer zu beantworten sind. Im Buch wird nicht erwähnt, wann diese Geschichte spielt, sie hat aber eine unglaubliche Aktualität, die sich nicht abstreiten lässt. Rhue hat schon bessere Bücher geschrieben, aber dieses hier hat die 4 Sterne, wenn man alles gegeneinander aufwiegt, schon verdient, auch wenn man das nach meiner Bewertung vielleicht nicht sofort sehen kann!